Monteverdi, C. (Savall, J.)

L’Orfeo


Info
Musikrichtung: Barock / Oper

VÖ: 02.06.2023

(CSV / Note 1 / 2 CD / DDD / 2022 / CSV080)

Gesamtspielzeit: 109:06



AUSGEWOGEN

Jordi Savalls Einspielung von Claudio Monteverdis "L’Orfeo" aus dem Jahre 2002, eine Übernahme des Livemittschnitts aus dem Gran Teatre del Liceu in Baracelona für sein Label Alia Vox, erfreut sich nach wie vor großer Wertschätzung und gehört gewiss zu den gültigen Aufnahmen des Werks. Sie hat so gut wie nichts von ihrer ursprünglichen suggestiven und theaterwirksamen Schönheit verloren.
Dennoch legt der inzwischen über achtzigjährige Katalane jetzt eine neue Einspielung vor, eine Gastproduktion unter Studiobedingungen für das Versailler Schlosslabel. Obwohl man vor Ort mit dem Dirigenten und Cembalisten Stéphane Fuget an einem Zyklus von Monteverdis drei erhaltenen Opern arbeitet – der Ulysse ist bereits erschienen, der Orfeo wird folgen – mochte man sich die Gelegenheit wohl nicht entgehen lassen, im Umfeld zweier Savall-Aufführungen im Juli 2021 in der Versailler Schlossoper gleich auch eine CD-Produktion zu platzieren, die jetzt in gewohnt schöner Aufmachung erschienen ist.

Und so tritt Savall mit seiner auf ihn eingeschworenen Capella Reial de Catalunya (deren Mitwirkende im Booklet nicht namentlich genannt werden) sowie einem kammermusikalisch besetzten Le Concert des Nations mit sich selbst in Konkurrenz. Meriten hat die neue Aufnahme ohne Zweifel. Bis auf zwei Partien sind alle Rollen neu besetzt: Vor allem Marc Mauillon in der Titelrolle berührt mit seiner baritonal gefärbten Tenorstimme als charaktervoll timbrierter Orfeo, mit sehr leidenschaftlich nuancierten Ariosi und einem virtuosen „Possente Spirito“, das in den Verzierungen einen orientalischen Einschlag hat.
Luciana Mancini agiert als Euridice und La Musica wie die übrige Besetzung wohltuend vibrato-reduziert. Doch wirkt ihre klare Stimme etwas eng mensuriert und vermag vor allem als „La Musica“ nicht wirklich betören. Sara Mingardo, die schon 2002 dabei war, beeindruckt erneut als tragische Botin mit reifen Tragödien-Ton, bei dem nur einige Vokalverfärbungen auffallen. Präsent und auf Augenhöhe mit Mauillon ist auch der bewährte Furio Zanasi, 2002 noch der Orfeo, nun dessen Vater Apollo. Salvo Vitales Carronte wirkt etwas schlanker und weniger unterweltfinster als bei anderen Sängern. Doch als Plutone überzeugt der Sänger durch seinen noblen Ton. Marianne Beate Kielland veredelt das Ensemble mit dem leuchtenden Ton, den sie der Speranza und der Prosepina schenkt.

Savall ist sich in seiner Auffassung im wesentlichen treu geblieben: harmonisch gerundet klingt auch dieser „Orfeo“, es wird weder geeilt noch verschleppt, alles wirkt souverän und hat ein klassisches Maß. Bei ihm wurzelt Monteverdis Opernerstling noch hörbar in der Renaissance. Vor allem die Bläser-Sinfonien zeichnet ein zeremonialer, getragener Ton aus. Im Ganzen kann man die Spontaneität des älteren Live-Mitschnitts vermissen, dessen dramatischer Puls mehr nach vorne gerichtet ist.
Klanglich wird die Musik angemesssen räumlich abgebildet, wobei die suggerierten Raummaße den ursprünglichen Aufführungsbedingungen in Mantua entsprechen dürften.



Georg Henkel



Besetzung

Luciana Mancini, Marc Mauillon, Sara Mingardo, Marianne Beate Kielland, Salvo Vitale, Furio Zanasi u.a.

La Capella Reial de Catalunya, Le Concert des Nations

Jordi Savall, Leitung


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