Orchestra Nazionale Della Luna
There's Still Life On Earth
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There's Still Life On Earth, eine Zukunftsvision, die uns das Orchestra Nazionale Della Luna hier vorstellen will? Nun, diese Zukunftsvision dürfte dann ein wenig "abgespeckt" sein, denn das Orchester, das man uns weis machen will, ist schließlich nur ein Quartett! Und "nazionale" ist es auch nicht, spielen doch ein Finne, zwei Belgier und ein Franzose auf dieser Platte! Seit gut fünf Jahren spielen die Musiker zusammen und haben nun ihr zweites Album vorgestellt.
Und so erwarte ich eine gewisse Portion Humor, auch, wenn ich erblicke, dass der finnische Musiker Kari Ikonen an Bord ist. Denn er ist grundsätzlich immer für eine Überraschung bereit. In dieser Formation versucht man, traditionelle Jazz-Spielweisen mit moderner Ausrichtung des Genres zu verbinden. Allein die Instrumentierung mag darauf hindeuten, dass man recht locker mit dem Begriff Jazz umzugehen scheint. Benutzt werden der Moog Synthesizer aber auch ein folkloristisches Instrument - eine Bansuri-Flöte.
Nach einer kurzen Einleitung mit Flötentönen, ja, es gibt noch Leben auf der Erde - so erfahren wir hier, folgt das ständig stolpernde und holpernde "Kääpikkäät". "Al Bahr" führt uns dann in ganz andere, in arabisch klingende, Gefilde. So kann man sich im Kopf ein Bild einer Karawane entstehen lassen, die gemächlich durch die trockene Wüste dahinzieht.
Insofern treffen wir auf eine gelungene und stark individuell geprägte Melange aus Jazz, elektronischer Musik und Folklore mit arabischem und indischem Anstrich. Dazwischen offenbaren sich auf einigen Songs immer wieder freie Anteile von überwiegender Improvisation, die avantgardistischen Ausprägungen des Jazz' nahe kommen, ohne gleich in Bereiche des Free Jazz abzutreiben, Beispiel: "Ecrocracy". "Melting Poles" ist ein sphärisch anmutend dahingleitendes Stück mit einem Ausdruck, wie ich ihn aus der skandinavischen Jazz-Szene der Siebziger kenne, ich nenne hier assoziierend das Plattenlabel ECM und den dort produzierten Sound. Ähnliches gilt für "Internal Duality", mit einem akzentuierendem Teun Verbruggen am Schlagzeug, der mich hier sehr an die Spielweise von Jon Christensen erinnert.
"Myrkkysienikeitto" wirkt geheimnisvoll, der Einsatz des Moog rückt seltsam klingende Momente in den Fokus, und wirkt als Beigabe zur "normalen" Ausrichtung mit Saxofon/Piano/Bass/Schlagzeug ein wenig befremdlich, aber angesichts des Fusion-Gedankens der Musik sehr interessant im Resultat.
In die Wüste führt uns noch einmal "Al Qamar", ein wenig an Ornette Coleman's Musik erinnert mich "Prophètes", ganz sacht und verhalten, fast schon zögerlich, schleicht "Out Of Gravity" dahin, und "Cannon Canon" trumpft frech und beherzt auf, so, als würde nun Jemand mit der Faust auf den Tisch schlagen. Und ganz zum Schluss werden wir dann noch einmal abschließend sanft und balladesk daran erinnert, dass es eben doch noch Leben auf der Erde gibt. Diese Musik ist sehr abwechslungsreich und fordert heraus, ist frech und besonnen, und schön und schräg, Alles in Allem sehr gelungen!
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 There’s Still Life on Earth (0:44)
2 Kääpikkäät (6:53)
3 Al Bahr (7:15)
4 Ecocracy (6:00)
5 Melting Poles (3:54)
6 Myrkkysienikeitto (6:11)
7 Internal Duality (3:37)
8 Al Qamar (8:49)
9 Prophètes (5:47)
10 Out of Gravity (5:31)
11 Cannon Canon (3:37)
12 There’s Still Life on Earth (1:49)
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Besetzung |
Manuel Hermia (saxophones, flute & bansouri)
Kari Ikonen (piano & Moog)
Sebastien Boisseau (double bass)
Teun Verbruggen (drums)
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