Lully, J. B. (Dumestre, V.)
Cadmus et Hermione
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Info |
Musikrichtung:
Barock Oper
VÖ: 07.05.2021
(CVS / Note 1 / CD / DDD 2019 / Best. Nr. CVS037)
Gesamtspielzeit: 122:18
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BAROQUE FANTASY
Nun also auch auf CD: Das Label der Versailler Schlossspektakel bringt Lullys Opernerstling „Cadmus et Hermione“ aus dem Jahr 1673, ein spektakulöses Fantasydrama nach Ovid, in einer im besten Sinne theatralischen Konzertversion heraus.
Dass diese Einspielung der ersten französischen Oper so gelungen ist, liegt sicherlich auch daran, dass Vincent Dumestre und das Ensemble „Le Poème Harmonique“ sich des Werkes angenommen haben. Nicht zum ersten Mal: 2008 hat Dumestre zusammen mit dem Regisseur Benjamin Lazar eine erste Einspielung dieser tragédie en musique auf DVD präsentiert. Beide versuchten, in einer Art historisierenden Faksimile-Version das französische barocke Gesamtkunstwerk wiederzubeleben. Der Kulissenzauber, die üppigen Kostüme und stilisierte Darstellung gingen mit Lullys Musik eine perfekte Synthese ein.
Doch auch als reiner „Soundtrack“ funktioniert Lullys musikalische Heldenreise sehr gut. Da Lullys Librettist Philippe Quinault für die Oper ein sehr buntes Personal aus Göttern, Helden, edlen Damen, Riesen, Drachen und burlesken Figuren in allerlei mythisch-tragisch-komischen Szenen zusammenbrachte, brauchte es eine entsprechend farbige Musik. Man kann sagen: diese erste richtige französische Oper ist zugleich ein Musterbuch für die Möglichkeiten, die Lully und Quinault in der neuen Gattung sahen. Der durchschlagende Erfolg gab ihnen recht und in rund einem Dutzend weiterer gemeinsamer Arbeiten perfektionierten sie ihren Stil.
Wenn man das Werk heute aufführt, bedarf es einer vokalen und orchestralen Inszenierung, die das Archaische und das Raffinierte, das Überraschende und das Ergreifende in der Partitur zu ihrem Recht kommen lässt. Und dies alles am besten so, dass alles bis auf den letzen improvisierten Triller und Einsatz des Schlagzeugs so spontan, natürlich und authentisch wirkt, als müsse es genau so und nicht anders klingen.
Genau das gelingt Dumestre auch rund zehn Jahre später wieder – mit einer komplett neuen Besetzung auf der Bühne und im Orchestergraben der Versailler Hofoper. Dort ist es vor allem das nuancenreich agierende Continuo, das dafür sorgt, dass die umfangreichen Rezitative alles andere als eintönig wirken. Dieses funkelnde harmonische Fundament erweitert sich mit dem Einsatz des Orchesters zur großen Klangszene, in der dann auch der Chor (das Gast-Ensemble „Aedes“) seine eindrücklichen Auftritte hat, vor allem während der Einlagen nach der Chaconne im 1. und bei einer im wahrsten Sinne martialischen Beschwörungs- und Opferfeier im 3. Akt.
Die vielen Figuren erfordern eine große Zahl von Solist:innen. Sage und schreibe vierzehn Sängerinnen und Sänger sind für die 27 kleineren und größeren Partien in dieser Oper im Einsatz. Gemeinsam bildet man ein sehr homogenes Ensembles, das vertraut mit den Besonderheiten des französischen Stils und insbesondere der gesungenen Deklamation ist, die klar und verständlich sein muss. Neben den beiden Hauptrollen, die vom Bariton Thomas Dolié und der Sopranistin Adèle Charvet mit nuancierter Noblesse dargeboten werden und deren berühmte Abschiedsszene im 2. Akt von berührender Zartheit ist, zeichnen sich von den übrigen Mitwirkenden insbesondere Lisandro Abadie als prahlerischer Diener Arbas und Nicholas Scott in der Travestierolle einer lüsternen Amme durch ihr komisches Talent aus. Virgil Ancely präsentiert Mars und den Riesen Draco mit gefährlich-eleganter Pose, ebenso überzeugt Guilhem Worms mit dunklem Timbre als majestätischer Jupiter und erhabener Hohepriester. Eva Zaïcik bezaubert in der Rolle der Charite, vor allem in ihrer Hymne auf die Liebe im Finale der 5. Aktes, bei der vielleicht ein Volkslied Pate gestanden hat.
Es ist eben dieser kurzweilige Mix aus Erhabenem und Komischen, von Volks- und Kunstmusikalischem, der „Cadmus et Hermione“ noch etwas von den späteren großen „klassischeren“ Opern Lullys und Quinault unterscheidet und in dieser punktgenauen Einspielung zu einer lohnenden Entdeckung macht.
Georg Henkel
Trackliste |
CD 1 Prolog, 1. Akt 53:34
CD 2 Akte 2-5 68:44
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Besetzung |
Thomas Dolié, Adèle Charvet, Eva Zaïcik, Lisandro Abadie, Nicholas Scott, Virgile Ancely, Guilhem Worms u. a.
Ensemble Aedes
Le Poème Harmonique
Vincent Dumestre, Leitung
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