Trichome
Unknown Prophet
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Trichome, das ist ein Trio mit dem deutsch-amerikanischen Jazzpianisten Benny Lackner, dem Bassisten Nesin Howhannesijan mit armenischen Wurzeln und dem aus Montevideo stammenden Schlagzeuger Diego Piñera.
Soll es hier einen Zusammenhang geben? Trichome, das sind Pflanzenhaare, man bezeichnet so haarähnliche Strukturen auf den Oberflächen von Pflanzen, die in Größe, Form und Dichte variieren und unterschiedliche Funktionen ausüben. Eindeutig ja, denn im Booklet wird es genauso beschrieben, und zwar als Metapher für die Konzeption dieses Trios, einer Formation, die versucht, alle Arten von Einfluss aus unterschiedlichen Quellen zu absorbieren und sie in ihre Musik zu integrieren. Gleichzeitig wird auf eine mögliche Definition verwiesen, die sich hinsichtlich des Stil so bezeichnen ließe: “Experimental/Electronic Hip-Hop/Odd-Meter-Jazz“. Doch man sollte sich nach dem Anhören der Platte ein eigenes Urteil bilden.
Schreite ich also zur Urteilsverkündung: Jazz und Piano-Trio, schon oft hatte ich auf die Tradition verwiesen, lange war es eben Piano plus Begleitung, später wuchsen drei Musiker zusammen, neue Ausprägungen wie das Helge Lien Trio oder E.S.T.(Esbjörn Svensson Trio) repräsentieren die moderne Ausprägung und so wird man auch diese Platte, Unknown Prophet, einordnen müssen. Und genau das führt zu einem frischen und aufregenden Hörvergnügen, man lauscht nicht unweigerlich erst dem Piano, dem Pianisten als Solisten, man hört einheitlich, alle Musiker sind von Beginn an präsent und fordern volle Aufmerksamkeit. Wollte man sich genau orientieren, sollte man diese Platte dreimal hören und sich jedes Mal auf einen der drei Musiker separat konzentrieren.
Neben der üblichen akustischen Präsenz des Pianos setzt Lackner auch elektronische Effekte ein und wirft damit unerwartete Momente ein, der Bassist schnurrt und swingt und gestaltet großartige Melodienbögen voller Dichte und Wärme, und der Schlagzeuger ist in ständiger Bewegung, zaubert und spielt mit den Rhythmen, stets eine Atmosphäre federnder Eleganz erzeugend. Und genau diese Eleganz paart sich mit gelegentlichen rau klingenden Augenblicken, die miteinander spielen und für die immense Spannung in der Musik sorgen. Und erneut, und das ist erfreulich, gibt es im Bereich des Piano-Jazz-Trios wieder frischen Wind, oder gar einen starken Sturm! Ach ja, und ich muss noch unbedingt auf den letzten Titel verweisen, denn der hat es in sich: “Con Dos Cojones“, die einzige Komposition von Lackner, spielt förmlich mit dem Jazz, lässt Assoziationen von Oscar Peterson zu Thelonious Monk zu und integriert rasend schnelle Swing-Module mit heißer Bebop-Atmosphäre und stellt für mich den abschließenden Höhepunkt dieser Platte dar!
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Ichi-Go Ichi-E (5:57)
2 Rise And Fall (7:30)
3 Trichome (6:24)
4 Sanity (6:13)
5 Back Of Your Head (5:18)
6 Nucleus (5:23)
7 Melisma (6:35)
8 A Missak (7:03)
9 Con Dos Cojones (5:17)
(all compositions by Howhannesijan, except #9 by Lackner)
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Besetzung |
Benny Lackner (piano, electronics)
Nesin Howhannesijan (upright bass)
Diego Pinera (drums)
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