Telemann, G. Ph. (AKAMUS)
Concerti per molti stromenti
HIER SCHWÄRME ICH – ICH KANN NICHT ANDERS
In 2017 gilt es, nicht nur das Jubiläum des großen Reformators (Luther) zu feiern. Nein, es ist auch Telemann-Jahr, denn dessen Todestag jährt sich zum 250igsten Mal. Und wenngleich Telemann (1681-1767) für die Musikwelt kein umstürzlerischer Reformator gewesen sein mag, so war es doch unbestreitbar ein großer Experimentator. Einer mit Lust am Neuen, am Exotischen, mit Freude an gewagten Kombinationen und am Unerhörten.
Die neue CD der Akademie für Alte Musik Berlin feiert genau diese Seiten Telemanns. Der Titel der Produktion Concerti per molti stromenti lässt dabei zunächst eher an Vivaldi denken. Doch wie dieser liebte es auch Telemann, seine Concerti höchst unterschiedlich zu besetzen und mehrere Solo-Instrumente zu vereinen. Die hier versammelten Beispiele stammen durchweg aus der mittleren Schaffensperiode des Komponisten und sind vermutlich (bis auf TWV 53: F1) zwischen 1710 und 1720 entstanden.
Dabei reicht das Spektrum von der prunkvollen Festmusik (TWV 54: D3) über elaborierte Kunstmusik (TWV 44: 43 und 44: 32) bis zum intim-pastoralen Zusammenspiel dreier Hörner (TWV 54: D2).
Als besondere Leckerbissen erweisen sich die Concerti TWV 53: 1 und TWV 53: F1. Ersteres, weil Telemann in der Dresdner Fassung anstelle eines Fagotts die heute praktisch vergessene Langhalslaute namens Calchedon vorsieht, ein gezupftes Bassinstrument mit wunderbar weichem, verschatteten Klang, der dem Stück ein ganz eigenes Gepräge gibt. Letzteres, weil es eigentlich in Fassungen für drei Violinen oder drei Cembali überliefert ist, hier aber eine Mandoline, ein Hackbrett und ein Harfe die Solo-Partien versehen. Das mag zunächst als kühner Eingriff der Interpreten erscheinen, ist aber nach dem Charakter der Instrumente schlüssig (nicht-gestrichene Saiteninstrumente), vor allem jedoch überzeugt das Resultat in klangfarblicher Hinsicht: es entsteht ein hinreißend vielgestaltig interagierendes, changierendes Concerto mit quirligen Ecksätzen und einem überaus charmanten Mittelsatz.
Die Interpreten bringen die Stücke insgesamt kunstvoll schillernd zum leuchten. Es wird beschwingt musiziert, ohne zu viel Druck auf die Sache zu geben. Gleichzeitig ist das Klangbild so transparent, dass alle Partien durchweg wahrnehmbar präsent bleiben. Eine wahrhaft würdige und unbedingt empfehlenswerte Jubiläums-Produktion.
Sven Kerkhoff
Trackliste |
1-4 Concerto TWV 54: D3 für 3 Trompeten, Pauken, 2 Oboen, Streicher und B.C.
5-6 Concerto TWV 53: h1 für 2 Flöten, Calchedon, Streicher und B.C. (Dresden Version)
9-11 Concerto TWV 44: 43 für 3 Oboen, 3 Violinen und B.C.
12-15 Sonata TWV 44: 32 für 2 Violinen, 2, Violen, Violoncello und B.C.
16-18 Concerto TWV 53: F1 für Mandoline, Hackbrett, Harfe, Streicher und B.C.
19-22 Concerto TWV 53: d1 für 2 Oboen, Bass, Streicher und B.C.
23-25 Concerto TWV 54: D2 für 3 Hörner, Violine, Streicher und B.C.
26 Adagio aus dem Concerto TWV 43: G5 für 2 Violinen, Viola, Violoncello und B.C.
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Besetzung |
Akademie für Alte Musik Berlin
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