Ralf Steinbacher
Wrong Turn Blues
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Den in Augsburg lebenden Aschaffenburger Ralf Steinbacher habe ich seit 2017 bereits vier Mal mit seinen Produktionen vorgestellt, zuletzt war das 2022 mit dem Album The Last Day Of The Hunting Season.
Doch eines ist neu! Wurde der Protagonist bislang stets von verschiedenen Musikern begleitet, so ist er nun ganz allein auf weiter Flur. Einleitend zitiere ich entsprechend seine Worte im Innenteil der CD-Verpackung: Dies ist eine Sammlung akustischer Solo-Aufnahmen, die in losen Abständen zwischen Juli 2023 und Januar 2024 entstanden sind. Ziel war es, alle Songs möglichst einfach und nur auf das Nötigste reduziert zu halten.
Auf Wrong Turn Blues finde ich also zehn neue Songs. Der Titel mag irritieren, denn ein typisches Blues-Album ist es nicht, gleichwohl es viele Anteile enthält.
Mit "Waiting For November" startet die Platte im Umfeld von Folk, mit "Delaware" schreitet es entsprechend fort. Mein erster Eindruck führt mich gedanklich eigentlich weg aus deutschen Landen. So lande ich spontan bei Chris Darrow, einem Musiker aus South Dakota, der nach seiner Zeit bei der Band Kaleidoscope solo unterwegs war und so manche Perle ablieferte. Darunter waren dann auch Alben mit eher reduzierten Klängen wie "Coyote: Straight From The Heart". Ähnlich wie Darrow verfügt auch Steinbacher über einen individuellen stimmlichen Ausdruck.
Track #3 entführt mich nun erstmals in eine bluesige Richtung. Hier wird geslidet, ist das die billige Dobro, von der der Protagonist berichtet, er habe sie einst vor 15 Jahren einem ehemaligen Bandkollegen abgekauft? Dieser Sound wirkt betörend durch seine gleichförmige, hypnotisch wirkende und tranceartige Stimmung und erweckt bei mir Assoziationen zu aktuellen Ausprägungen des Mississippi Blues, wie er von Künstlern wie Robert Lee Burnside mit diesem tranceartigen Ausdruck vorgetragen wird.
Zwei wichtige Aspekte enthält der Song "I Dreamed I Saw George Smith (At Small’s Paradise)" Hier berichtet Steinbacher offensichtlich von seinem Besuch (echt oder imaginär?) im "Small's Paradise". Das war einst ein Nachtclub in New York, in Harlem. Aber angesichts des Songtitels war es wohl ein Traum, auch dergestalt, George Smith dort getroffen zu haben. Diesem legendären Bluesharper wird dann noch gehuldigt, indem hier die Bluesharp eingesetzt wird. Ja, dieser Song gefällt mir sehr gut, eine interessante Bearbeitung dieser Thematik.
Mit der Bluesharp geht es weiter beim "Texas Jigsaw Massacre", ein Instrumental, und hier bin ich gedanklich dann schon wieder bei Chris Darrow, ja, die Stimmung dessen Musik dringt hier durch.... Weiter fahren wir auf dem "Highway 59", ist das der Lousiana Highway 59 (LA 59), der gemeint ist? Jedenfalls werden im Laufe des Songs einige Orte und Anlaufpunkte genannt, auf die der Protagonist trifft. Dieser Song bekommt dann ein wenig rhythmische Unterstützung durch das Footstomping, das ich mir erlaubt habe, beim Line-up mit aufzuführen.
Und nun zum Banjo! Der Titelsong wird hiermit gespielt, und er führt mich gedanklich nun zum Album von Taj Mahal: Giant Step / De Ole Folks At Home, zum zweitgenannten eigentlich, hat Mahal damals dieses Album doch auch auf diesen reduzierten Sound gebracht. Mit einer relativ gleichbleibenden Stimmung, total laid-back, so manch Eine/r mag das vielleicht als langweilig betrachten, doch das ist es mitnichten. Vielmehr verleitet die Musik dazu, mal etwas "runter zu kommen" und sich zu entspannen und zu entschleunigen. Neben dem Gitarrenspiel möchte ich noch auf das sehr gefühlvolle Harmonica-Spiel mit der chromatischen Harp hinweisen, das bringt ein starkes Blues-Feeling ein, halt ein wenig George Smith! Oder Charlie Musselwhite oder Little Walter, George Smith, Rod Piazza.....
Und diese Entschleunigung findet dann noch ihren Höhepunkt im 9:12 langen letzten Stück "Pay No Mind". In diesem Zusammenhang verweise ich noch gern auf die Texte, die laut Aussage des Musikers durchaus eine wichtige Bedeutung innehaben. So schreibt er hierzu in den Liner Notes: Wer auch auf die Lyrics achtet (was ich hoffe!), wird feststellen, dass es in fast allen Songs um Typen geht, die irgendwann im Leben die eine oder andere falsche Abzweigung genommen haben und deswegen schlimme Dinge tun oder tragische Schicksale erleiden: Wrong Turn Blues.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Waiting For November (2:58)
2 Delaware (4:24)
3 Gonna Be The Last Witness In Your Trial (2:11)
4 I Dreamed I Saw George Smith (At Small’s Paradise) (2:34)
5 Texas Jigsaw Massacre (3:07)
6 Highway 59 (3:28)
7 Wrong Turn Blues (3:19)
8 Down To My Last Dime Blues (2:10)
9 Better The Devil You Know (3:34)
10 Pay No Mind (9:12)
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Besetzung |
Ralf Steinbacher (vocals, acoustic guitars, banjo, harmonica, footstomping)
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