25 Years after - Mein Leben mit der CD; Folge 146: Gigantor - It's gigantic!; The Singles 1992 - 1994
Als ich im März erwähnt hatte, dass an meinem Potsdamer Gymnasium der Unterricht bereits um 7(!) Uhr begann, versprach ich dazu noch etwas mehr zu sagen. Was ich nun tun werde. Das erste Mal sind wir diesem Phänomen kurz nach der Wende begegnet. Wir hüteten in den Sommerferien das Haus von Freunden in Hermsdorf ein und nutzen es als Ausgangspunkt für Fahrten in das nördliche Umland von Berlin, um es nach und nach kennen zu lernen. Der Einkauf am Samstag war eine liebgewordene Gewohnheit, die wir auch auf diesen Touren ausleben wollten. Nur! Es ging nicht. Nach dem Frühstück aufgebrochen mussten wir immer wieder feststellen: Nach 11 Uhr hatte kaum noch ein Bäcker, ein Fleischer oder ein Gemüsehändler auf. Wir mussten also das tun, was wir eigentlich nicht wollten: In einem der Supermärkte einkaufen, die die West-Ketten in schneller Folge im Osten eröffneten. Private „Ost-Förderung“ funktionierte nicht! Die Uhren tickten im Osten zwar genauso wie im Westen, aber der gemeine Ossi reagierte darauf anders als sein West-Pendant. Ich konnte das auch bei meiner Arbeit für die Märkische Allgemeine feststellen. Die Ossis arbeiteten nicht weniger, sie arbeiteten anders, vor allem wann anders. War es im Westen ein Glücksfall bei Behörden oder Firmem vor 9 oder gar 8 Uhr jemanden ans Telefon zu bekommen, waren die Hör-Sprech-Geräte im Osten in der Regel bereits um 7 oder sogar 6 Uhr besetzt. Dafür begann es bereits ab 14 Uhr immer schwerer zu werden, Informationen zu ertelefonieren. Das Einstein-Gymnasium überlegte kurz nachdem ich dort angefangen hatte, den Schulbeginn auf 8 Uhr zu verlegen. Es wurden Umfragen gemacht – in jeder Klasse zwei; eine bei den Schülern und Schülerinnen und eine bei den Eltern. Ich weiß das Ergebnis nicht mehr genau, aber die Befürworter der humanen 8-Uhr-Lösung scheiterten krachend. Kaum eine Klasse oder Elternversammlung votierte dafür. Der Grund war ein logistischer. Viele Familien, deren Kinder auf das Einstein-Gymnasium gingen während die Eltern in Potsdam arbeiteten, wohnten nicht in Potsdam, sondern in den umliegenden Orten in der Mittelmark (KFZ-Kennzeichen PM nicht P). Das Sinnvollste war dann, dass die Väter (manchmal auch Mütter) die Kinder gleich mit in die Stadt nahmen, wenn sie zur Arbeit fuhren, um sie an der Schule abzusetzen. Dann hätten aber – bei der o.g. Arbeitssituation – die Kinder über eine Stunde vor der Schule gesessen. Mit anderen Worten: Das Sein bestimmt nicht nur das Bewusstsein, sondern auch den Stundenplan. Die CDs des Monats habe ich nicht in Potsdam gekauft sondern in der spandauer Wilhelmsstadt in einem An- und Verkaufsladen, der den schönen Namen „…alles!“ trug. Da Blind Guardian, King‘s X und In Extremo bereits einmal in dieser Kolumne verarztet worden sind, wurde der Endkampf für das Album des Mais 1998 unter drei Alben ausgetragen, von denen damals nur eine taufrisch war: das sträflich unterschätzte Album 3 von Van Halen. Das ist es nicht geworden. Auch an Tiamat ging der Kelch vorbei. Ich hoffe, sie kommen mir noch einmal passend ins Programm. Aber das in Israel aufgenommene Live-Album The sleeping Beauty wäre nicht die erste Wahl aus dem Backkatlog der Band. Daran, dass es dann letztlich die Fun Punker Gigantor geworden sind, ist sicherlich auch ein wenig der Lokalpatriotismus eines geborenen Hannoveraners Schuld. Aber die sträflich oft übersehene Band hat auch ein wenig Ehrenrettung verdient. Dafür eignet sich It’s gigantic!, das mehr ist als nur eine Best of ist, hervorragend. Norbert von Fransecky |
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