Henner Kotte (1963–2024) – Ein Mann des Wortes, der die Musik liebte![]() ![]() ![]()
![]() Henner Kotte war kein Musiker. Weder stand er als Sänger auf der Bühne noch brillierte er an einem Instrument. Und doch hatte Musik in seinem Leben und Schaffen stets einen festen, verlässlichen Platz. Überraschend verstarb er am 6. Dezember 2024 mit nur 61 Jahren – ein Verlust, der nicht nur die Literaturszene, sondern auch viele Musikschaffende berührt. Denn Kotte, in eigener Schilderung „von Geburt her Fischkopp, ansonsten Leipziger aus weltanschaulichen Gründen“, war ein Mann des Wortes, aber eines Wortes, das immer wieder auch musikalische Resonanz suchte und fand. Seine journalistische Arbeit für den Blitz! brachte ihn schon beizeiten in Kontakt mit Musik und Musikern. Dabei ging es ihm weniger um technische Analysen des Erklingenden als um die Geschichten hinter den Klängen. Für CrossOver entstanden neben vielen Theater- und Buchrezensionen einfühlsame Interviews mit Carolin Fischer und dem Duo Haase/Wirth. Sein Interesse für das Kriminologische führte ihn tief in die Abgründe der Geschichte, und oft stieß er dabei auf musikalische Spuren. Besonders faszinierte ihn die Geschichte um Johann Sebastian Bachs Schädel – ein kurioser Fall von musikhistorischer Forensik verbunden mit dem Anatom Wilhelm His, dem Kotte mit detektivischem Gespür nachging. Hier verband sich sein kriminalistisches Interesse und Wissen mit der Musik des großen Komponisten auf außergewöhnliche Weise. Doch nicht nur in der Theorie, auch auf der Bühne war er ein Freund und Ermöglicher von Musik. Seine literarischen Programme enthielten oft musikalische Beiträge, sei es in Form begleitender Klänge oder durch eigens inszenierte musikalische Einschübe. So war bereits 2004 der Leipziger Pianist Thilo Augsten Teil seines Friederike-Kempner-Programms „Menschenliebe – Zauberwort“, später enthielten Kottes Auftritte immer wieder musikalische Elemente und Rahmen, die vom Leipziger Trio KlangProjekt verantwortet wurden. Eine besonders enge Verbindung hatte er zum Trio KlezzJazz, das ihn bei Lesungen zu „Jüdisches Sachsen – Koschere und unkoschere Geschichte(n)“ landauf, landab begleitete. Hier verschmolzen Wort und Musik zu einer emotional dichten Einheit, die das jüdische Kulturerbe lebendig machte. Das Duo Enger/Feist setzte jahrelang musikalische Akzente bei seinen Krimi-Lesungen und verlieh ihnen durch die Interpretation von Klassikern wie „Spiel mir das Lied vom Tod“, „Jesu bleibet meine Freude“ oder „Glück auf, der Steiger kommt“ eine besondere, unverwechselbare Note – sehr zur Freude des vortragenden Autors. Henner Kotte verstand es, Musik nicht nur zu hören, sondern sie in seine Arbeit zu integrieren. Sie wurde für ihn zur klanglichen Kulisse seiner Erzählungen, zur Untermalung seiner Recherchen (hier gern auch mal härtere Musikstile) und zum künstlerischen Begleiter seiner Performances. Nun ist seine Stimme für immer verstummt – die Spuren, die er hinterlässt, werden allerdings noch lange weiterklingen. Wer diesen Spuren folgen und sich in Henner Kottes literarisches Schaffen vorarbeiten will, könnte mit der Kurzgeschichte „Taxi“ beginnen, für die der Autor 1997 den MDR-Literaturpreis erhielt und die u.a. im Sammelband „Natürlich tot!“ enthalten ist. Die 67 gemeinsam mit Maximilian Reeg entstandenen Folgen des Podcasts „Tod in Sachsen – Der Mordcast“ sind unter https://www.radiopsr.de/tod-in-sachsen-der-mordcast abrufbar, die 68. Folge vom 14. Februar 2025 stellt einen akustischen Nachruf Reegs auf seinen Kompagnon dar. Musik gibt es in dieser 68. Folge nicht, in den 67 vorherigen aber schon. Foto: Geheimtipp Leipzig ![]() Thomas Feist ![]() ![]() ![]() |
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