Vivaldi, A. (de Swarte)
Concerti per una vita - Violinonzerte
ZU FRÜH?
War Vivaldi auf dem zuvor erschienen Album von Barock-Shootingstar Théotime Langlois de Swarte noch einer unter vielen oder zumindest unter Dreien (vgl. MAS-Review), steht seine Musik diesmal im Mittelpunkt der neuen Doppel-CD. Hier pickt der Geiger sich aus den rund 220 bekannten Vivaldi-Concerti allein für dieses Instrument einige der Unbekannteren heraus. Dabei schafft er es, auf diese Weise bzw. mit dem Rückgriff auf abweichende Versionen sogar noch mit einigen Welt-Ersteinspielungen aufzuwarten und spickt bzw. durchbricht das Ganze mit kleineren Einzelstücken, die nicht nur aus Vivaldis Feder, sondern auch von Legrenzi oder Westhoff stammen und damit sinnhafte Verbindungslinien zur Biographie und dem musikalischen Umfeld des "prete rosso" ziehen.
Allerdings wird die Spannung dann auch primär aus dieser Programmatik generiert und nicht aus den Concerti selbst oder gar deren Einzelsätzen. So fragt man sich von Beginn an, warum die Musik trotz aller technischen Brillanz des Solisten und des einmal mehr famosen, lukullisch tönenden und bis ins Continuo hinein immer wieder unterschiedlich besetzten Ensembles Le Consort nicht ins Herz und in die Beine geht. Dies liegt schlicht daran, dass de Swarte zwar plakative Effekte setzt und wie mit einem Kontrastverstärker den Abwechslungsreichtum sowie die Brüche der Musik zu unterstreichen versucht, dabei aber deren eigentliches, natürliches Idiom und ihre spielerische Leichtigkeit verfehlt.
So wird die Verbindung zur italienischen Sprachmelodie nicht konsequent nachempfunden, die besagten Effekte stehen zumal in den geschwinden Ecksätzen vielfach unverbunden nebeneinander, ohne in der Binnenstruktur ein dramaturgisch sinnvolles Ganzes zu bilden. Der Hörvergleich etwa des Concertos RV 278 mit der Referenzeinspielung (Carmignola/Marcon, DGG 2005) macht dies mehr als deutlich - da erscheint de Swartes Vortrag doch mit einem deutlichen "Akzent" behaftet, den er durch den Zug ins Übersteigerte bei Tempi, Dynamik und Akzentuierung wettmachen möchte. Das erzeugt aber auf Dauer beim Hören eher Gleichgültigkeit, als dass es berühren würde.
Womöglich kam diese Aufnahme schlicht zu früh in de Swartes Diskographie - das Risiko des Shooting-Stars?
Sven Kerkhoff
Trackliste |
iolinkonzerte RV 37a, RV 171 "per S. M.C. C.", RV 237 per Pisendel", RV 250, RV
252, RV 256 "Il ritrito", RV 267a "per Anna Maria", RV 278, RV 315 "Der Sommer" (Versione di Genova), RV 356, RV 569, RV 813; Sinfonia h-moll RV 168 (Anfang);
Adagio aus Violinkonzert e-moll RV 768; Ciaconna aus Violinkonzert B-Dur RV RV 370 (unvollendet); Fantasia "Per Anna Maria" aus Violinkonzert A-Dur RV 349;
Diminutionen über die Forlane aus Fagottkonzert RV 478; Rezitativ aus Violinkonzert D-Dur RV 212; Fanfare aus Konzert F-Dur RV 539 für 2 Hörner; Tempesta di mare aus La Fida ninfa RV 714; Sinfonia a ballo aus Dorilla in tempe RV 709; Fanfare F-Dur nach Jean-Joseph Mouret; Aria aus Kantate RV 667; Ciaconna aus Violinkonzert RV 583 "in due cori con violino discordato"
Giovanni Legrenzi: 2 Arien aus La Divisione del Mondo für Violine & Orchester
Johann Paul von Westhoff: Imitatione delle campane aus Violinsonate Nr. 3 d-moll |
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Besetzung |
Théotime Langlois de Swarte: Violine
Le Consort
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