Die Fun-Thrasher Ballsqueezer arbeiten an ihrem 20sten Album, dem Sturz der slowakischen Regierung und dem Weltfrieden




Info
Gesprächspartner: Ballsqueezer

Zeit: 16.02.2025

Ort: Berlin - Bratislava

Interview: E-Mail

Stil: Thrash Metal

Internet:
http://www.ballsqueezer.net

Seit dem Debüt im Jahre 2013 veröffentlichen Ballsqueezer regelmäßig Alben. „Wenn die fleißig sind,“ könnte sich da der erfahrene Metalhead denken, „haben die jetzt – Anfang 2025 - vielleicht schon ihr zehntes Album draußen.“ Da hat er die Rechnung ohne die Slowaken gemacht. Die kündigen für den Mai bereits ihr Album Nummer 20 an!

Über die ungewöhnlich hohe Schlagzahl mit ungewöhnlich kurzen Alben hat Norbert bereits vor einigen Monaten mit der Band gesprochen.

Nun liegt Album Nummer 19 fertig besprochen auf dem Tisch. Und wenn man Into the Fire in die Hand nimmt, rechnet man damit genau das zu bekommen, was man auf den vergangenen 18 Alben bekommen hat. Auf dem Cover sieht man Party-lustige Metalheads umgeben von unbekleideten jungen Damen. Lediglich Bierflaschen oder Whiskey-Fässer fehlen. Die Metal-Party geht weiter. Man möchte dabei sein.

Und das wird auch zuverlässig geliefert. Aber bei genauerem Hinsehen gibt es stärkere Änderungen als je zuvor. Für Norbert Grund genug sich wieder in der Slowakei zu melden. Unterschied Nummer 1. Nie gab es so viel ruhige Stücke und Passagen, wie auf Into the Fire. Zum Einstieg wollte Norbert von der Band, die sich erneut in der Orim-Kneipe in Bratislava zusammengesetzt hat, um Norberts Fragen zu beantworten, wissen, ob das eine bewusste Entscheidung war?



Mikey: Ich denke, je älter wir werden, desto weicher werden wir. Ist doch bei Dir nicht anders, oder? Trotzdem denken wir, dass auch die bisherigen Alben sehr vielseitig waren.
Gitarrist Mikey


Daddy: Welche Songs wir auf das Album bringen, ist keine bewusste Absicht. Es ist immer eine Frage der Stimmung des Moments und Mikeys Inspiration.

MAS: Besonders fällt mir dabei das abschließende „Alone“ auf, das erste wirklich melodisch gesungene Stück von Euch. Das geht manchmal fast in eine Richtung a la Pink Floyd oder Tiamat. Wie ist es dazu gekommen?

Peat: Ich glaube, Daddy hat endlich singen gelernt. Das Lied „Alone" ist sehr alt. Es lag fast 25 Jahre lang in Daddys Schublade, bevor Mikey es perfekt arrangiert hat. Deshalb fühlt es sich etwas anders an.

MAS: Schnelle Stücke sind in der Regel kürzer als lange. Hängt die Länge des Albums damit zusammen. Der Vorgänger Jalapenos war 2023 das längste Album, das ihr je gemacht habt. Jetzt brecht ihr den Rekord schon wieder. Bald kommt ihr auf die Länge einer klassischen Vinyl-LP. Geht das so weiter?

Daddy: Bei unserer Musik haben wir uns nie mit der Länge beschäftigt. Länge stört Frauen und Albumkritiker :) Uns geht es nur um die Musik.

Peat: Wenn alles Wesentliche in einem 2-Minuten-Song gesagt ist, warum sollte man ihn länger machen.
Lead Gitarrist Pedro


MAS: Wie üblich habt ihr mit „Friction“ ein Instrumental auf dem Album. Das fällt dieses Mal auf ganz andere Weise aus dem Rahmen. Es ist eine ungeheuer fette Nummer, die fast in Richtung Power Metal geht. Die Gitarren klingen zum Teil wie Synthies. Es dürfte soundtechnisch das Beste sein, was ihr bislang abgeliefert habt. Wie würdet Ihr das Stück in euerm Gesamtwerk einordnen?

Pedro: Instrumentaltracks auf Alben gehören meiner Meinung nach immer zu den besten Tracks und „Friction“ bestätigt das nur. Man kann es sich immer wieder anhören und es wird nicht langweilig.

Mikey: Wir arbeiten kontinuierlich am Sound und wollen jedes neue Album klanglich so weit wie möglich verbessern.

MAS: Kommen wir zu den Texten. Da sind die Veränderungen am deutlichsten. Bislang wurde auf euren Alben die heilige Trinität von Sex and Drugs and Rock‘n’Roll mit viel Spaß in den Backen abgefeiert. Gelegentliche fast philosophische Texte waren nur vereinzelt zu finden. Das stellt sich nun völlig anders dar.

Sex and Drugs and Rock‘n’Roll – alle drei sind in den Texten von `Into the Fire´ vollständig auf Null gefahren. Dafür gibt es, wenn ich die Texte richtig verstehe, ein Thema, das alle Stücke dominiert. Es geht eigentlich immer darum, dass es so etwas wie einen Sinn im Leben, eine Erlösung, Sicherheit, oder eine reale Basis für Hoffnung nicht gibt, so dass man realistisch sein muss. Die Welt ist in all ihrer Endlichkeit anzunehmen und man muss hindurch gehen, ohne sich davon zur Verzweiflung bringen zu lassen, dass das Leben keinen über es hinaus reichenden Sinn hat. Würdet ihr das so unterschreiben?

Sänger und Bassist Daddy


Mikey: Was du schreibst, klingt ein bisschen zu negativ. Eigentlich wollen wir nur sagen, dass die Hoffnung manchmal kontraproduktiv sein kann, wenn es um das glückliche Leben hier und jetzt geht - und das ist doch das einzige wahre Erleben, das wir je haben werden. Hoffnung ist immer in der Zukunft. Und sie stellt sich auch selten ein.

Daddy: Mikeys Texte haben sich genau wie die Musik weiterentwickelt, und so wie wir älter und reifer geworden sind und das Leben gelebt haben, so haben sich auch die Texte im Laufe der Zeit verändert. Aber Bier, Boobs und Rock and Roll haben immer noch einen Platz in unserem Leben.

MAS: In der „Awful Symphony“ scheint die Roman- oder Filmfigur Dean davon zu träumen aus seinem Film auszusteigen, um in der realen Welt Herr seines Schicksals zu werden – eine Art Kommentar zu den restlichen Texten? Ein Kommentar, der zeigt, wie lächerlich der Gedanke ist aus der belastenden Situation aussteigen zu können? Vielleicht gedacht als prinzipielle Religionskritik?

Daddy: Dale ist eine fiktive Figur, besser gesagt eine Ratte, deren Schicksal in den Liedern „Old Scotch Ale", „Dale the Great", „Awful Symphony" und auf dem 20er-Album als „Dale is back" vorkommt. (Daddy meint wohl das für Mai angekündigte 20ste Album; NvF)

Mikey: Dale ist eine der romantischsten Figuren in unserer Musik, und in „Awful Symphony" hat er herausgefunden, dass er nur eine fiktive Figur und eine Fantasie seines Schöpfers ist.

Dale ist also eine subtile Metapher dafür, dass das menschliche Leben in gewisser Weise in den Sternen geschrieben steht und jeder einen Regisseur hat.
Die Ballsqueezer-Tribut-Band: Big Balls Brothers


MAS: Bislang sind Eure Konzertaktivitäten auf die Slowakei begrenzt und ihr seid oft zusammen mit anderen slowakischen Bands aufgetreten. Im März und April stehen jetzt drei Auftritte mit einer deutschen Band namens Big Balls Brothers auf dem Programm. Was ist das für eine Band? Wo kommt sie her?

Daddy: Seitdem wir in der Szene sind, haben wir nach einer Band gesucht, mit der wir durch die Welt ziehen können und die zu uns passt. Da wir uns von einem Leben voller Hoffnung verabschiedet haben und im Hier und Jetzt leben, haben wir das Problem anders gelöst. Wir haben selbst eine „Partner“ Band gegründet.

Pedro: Überraschenderweise sind Big Balls Brothers wir, die unser eigenes akustisches Revival spielen. Da unser Repertoire sehr vielfältig ist, spielt Ballsqueezer ein Heavy-Set und danach kommen die romantischen Big Balls Brothers mit einem semi-akustischen Chill-Set. Einfach eine 2-stündige Dr. Jekyll and Mr. Hyde Show, bei der es nur um uns geht.

Daddy: Im Ausland zu spielen ist für eine unbekannte Band ohne einen Sponsor am Anfang nicht machbar. Wenn die Einladung aus Wacken kommt, wird es uns gut gehen, und wenn nicht, werden wir zu Hause sein und unsere Instrumente hier und da in lokalen Kneipen spielen. Das ist einfach Rock and Roll.

Diskografie
2013: Don't let her squeeze your Balls
2014: Beer in Botswana
2015: Fan of myself
2015: Live up to your Sins
2015: Balls forever
2016: Unstoppable
2016: Whisky Tale
2017: Into Nothingness
2018: Itching Balls
2018: Dead End
2019: Wrong Hole
2020: Vögel im Himmel
2021: Old Scotch Ale
2021: Brainless
2022: Better Place
2022: Winter descends
2023: Wo die Vögel schlafen
2023: Jalapenos
2024: Into the Fire
MAS: Wenn ich Eure Homepage richtig lese, steht am 20. Mai die Veröffentlichung Eures 20sten Albums `Book of Lyrics´ an.

Daddy: Book of Lyrics ist nur der Titel des Buches mit den Texten der Band, das jeder nach einem Klick auf das Bild herunterladen und drucken kann.

Aber du hast recht, das neue Album wird Nummer 20 sein und es wird Now or never, Now or later oder Never or later heißen ... Wir sind noch dabei, das herauszufinden, und wir werden es wahrscheinlich schaffen, die Deadline einzuhalten.

MAS: Wäre danach nicht mal ein Live-Album an der Reihe?

Peat: Jaaa. Wir werden definitiv ein Live-Album aufnehmen.

Daddy: Neeein, wir werden definitiv kein Live-Album in nächster Zeit aufnehmen. Dazu bräuchten wir einen sehr guten technischen Hintergrund, um einen Live-Sound in anständiger Qualität einzufangen.

MAS: Unser letztes Interview liegt fast zwei Jahre zurück. Hat es in der Zeit relevante Veränderungen für die Band gegeben, die bislang noch nicht zur Sprache kamen?
Schlagzeuger Peat

Daddy: Wir reden viel mehr über Krankheiten als über Frauen als noch vor 2 Jahren. Na ja, wir werden ja auch älter. Ansonsten haben wir nichts Neues.

Mikey: Der Bierkonsum ist auch gesunken. Usuall Six ist jetzt Usuall Two, und das ist noch dazu alkoholfrei.

MAS: Die gleiche Frage noch mal in die Zukunft gerichtet. Gibt es außer dem Album und den Konzerten Pläne für die nächsten Monate?

Daddy: Wir möchten die Regierung in der Slowakei stürzen und den Weltfrieden herstellen.

MAS: Dann viel Erfolg dabei und herzlichen Dank für die Antworten.


Fotos: Ballsqueezer (Veronika Instagram-werdza); Big Balls Brothers (Ballsqueezer)


Norbert von Fransecky



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