Lully, J.-B. (Dumestre, V.)

Le Bourgeois Gentilhomme (Gesamtaufnahme der Musik)


Info
Musikrichtung: Barock Musiktheater

VÖ: 04.02.2022

(CVS / Note 1 / CD / DDD / 2020 / Best. Nr. CVS 053)

Gesamtspielzeit: 75:34



QUELS SPECTACLES CHARMANTS!

„Quels Spectacles charmants, quels plaisirs goûtons-nous“ – „Welch reizendes Spiel, welch vergnügliche Lust“: Das Schlussensemble der Bühnenmusik zu Molières „Le Bourgeois Gentilhomme“ bringt es auf den Punkt. Denn der musikalische Part dieses Theaterstücks ist so unterhaltsam, gewichtig und originell gearbeitet, dass er auch für sich allein stehen kann.

Dabei hatte Jean-Baptiste Lully etwas Neues ausprobiert, als er die Musik zu einem integralen Bestandteil der Komödie machte, zu einem „Soundtrack“, der Szenen begleitete und mit einer bestimmten Atmosphäre ausstattete oder selbst Teil der dramatischen Handlung ist. Die Musik ist nicht mehr nur Zwischenspiel, um Umbauphasen auf der Bühne zu überbrücken oder dem Publikum eine hübsche Zerstreuung zu bieten. Im eröffnenden Lied eines jungen Musikers, der im Auftrag seines Meisters ein kleines Stück für eine Abendunterhaltung komponiert, wird der Prozess des Melodieerfindens und Vertonens eines Gedichts, selbst zum Thema gemacht, bevor dann in einem eleganten Schwenk das Ergebnis präsentiert wird und zum ersten größeren Ensemble führt: einem hinreißenden Vokaltrio, Teil einer Konzertaufführung im ersten Akt.

2004 erschien bereits eine sehr schön ausgestattete DVD mit einer Gesamtaufführung des „Bürger als Edelmann“ in einer bis auf Details wie die Kerzenbeleuchtung, die Gestik, Mimik und Deklamation historisierenden Inszenierung – ein legendärer Wurf von Vincent Dumestre und „Le Poème Harmonique“ sowie dem Regisseur Benjamin Lazar.
18 Jahre später präsentiert „Le Poème Harmonique“ in einer veränderten Besetzung die Musik ohne den gesprochenen Text auf einer CD. Angefangen von der schwungvollen Ouvertüre über die Tänze und Trinklieder der ersten Akte und das berühmte „Les Nations“-Schlussballet erfreut man sich an immer neuen Farben und Stimmungen, an der Sing- und Spiellust der Ausführenden. Begeisternd ist der nicht abreißende lebendige Puls, mit dem Vincent Dumestre und seine an allen Pulten bestens aufgelegte Truppe für ein durchgehendes Hörvergnügen sorgen.

Das Booklet führt in die Hintergründe und den Entwicklungsprozess des Stücks ein, hält einen über den szenischen Kontext auf dem Laufenden und bietet alle Texte in mehrsprachiger Übersetzung. So ist man bestens orientiert - falls man das möchte. Denn die Musik trägt auch ohne die Szene. Allein die karnevaleske „türkische Zeremonie“, bei der der eitle und ehrgeizige Bürger Jourdain zum „Mammouchi“ geadelt wird, ist in ihrer Mischung aus Fantasietürkisch und Ritualbrimborium ein Höhepunkt des barocken Musiktheaters. Nicht weniger furios gerät ein turbulentes und umfangreiches Rezitativ vor dem Schlussballett, in dem eine bizarre Theatergesellschaft sich um Programmhefte streitet – eine Vorahnung der späteren Opernrezitative Lullys. Bei dieser Farce geben die Ausführenden stimmakrobatisch wirklich alles, bevor dann die Musik in einer großen Suite die Länder Frankreich, Italien und Spanien vereint. Man sieht, was man hört, vor den inneren Augen.



Georg Henkel



Besetzung

SängerInnen: Paul-Antoine Benos-Dijan, Eva Zaicik, Cyril Auvity, Thibault de Damas, Zachary Wilder u. a.

Le Poème Harmonique

Vincent Dumestre, Leitung



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