Lully – Marais – Couperin – Lalande u.a. (Roussel, Th. u. a.)
Le Coucher du Roi – Musiques pour la chambre de Louis XIV.
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Info |
Musikrichtung:
Barock Ensemble
VÖ: 08.01.2021
(CVS / Note 1 / CD und DVD / 2019 / Best. Nr. CVS029)
Gesamtspielzeit: 133:00
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TRÄUMEN WIE EIN KÖNIG
Als Privatperson existierte Ludwig XIV., der Roi-Soleil, eigentlich nur, wenn er im Bett lag und schlief. Selbst das Zubettgehen, gewissermaßen das Pendant zum Sonnenuntergang, war lange Zeit mit einer aufwändigen Etikette verbunden. Beim Ritual des Grand Coucher waren noch die nebensächlichsten Handlungen wie das Halten des Leuchters beim Auskleiden ein von den Höflingen begehrtes Privileg. In seinen späten Lebensjahren, als Alter und körperliche Gebrechen ihren Tribut forderten, reduzierte der König das Protokoll, wie er überhaupt mehr die Momente der Zurückgezogenheit schätzte und sich von seinen Lieblingsmusikern vor dem Einschlafen seine Lieblingsstücke vorspielen ließ.
Ausgehend von diesem historischen Setting hat der Lautenist Thibaut Roussel eine fiktive Gute-Nacht-Musik für den Sonnenkönig zusammengestellt und sich dabei gleich der Mitwirkung einer ganzen Reihe begabter junger Künstler aus der Alten-Musik-Szene Frankreichs versichert: der Sänger*innen Danaé Monnie, Marc Mauillon, Eugénie Lefèbvre und Étienne Bazola sowie der Instrumentalisten Thomas Leconte und Valérie Balssa (Flöten), Yoko Kawakubo und Josèphe Cottet (Violinen), Myriam Rignol, Mathilde Vialle und Julie Dessaint (Gamben), Sébastien Daucé (Cembalo), Caroline Lieby (Harfe), Romain Falik (Theorbe und Gitarre).
Das Programm lässt sich wahlweise wie ein Album musikalischer Erinnerungen Ludwigs oder ein Musterbuch französischer Barockmusik des Grand Siècle hören. Repräsentative Lieblingsstücke des Königs wie Delalandes tänzerisch-erhabenes „Grand Pièce royale“, delikate Trio-Miniaturen von Marais oder eine Bearbeitung des flötenseligen „Sommeil d’Atys“ aus der gleichnamigen Oper Lullys stehen neben intimen Gesangseinlagen und melancholischen Lautenstücken von Lambert, Le Camus oder Visée. All diese klingenden Vignetten erinnern an künstlerische Höhepunkte und glückliche Moment aus dem (Liebes)Leben des Monarchen, die der Autor des Booklets, Thomas Leconte, in seinem erzählerischen Kommentar Revue passieren lässt.
Die ausgewählten Komponisten bildeten die musikalische Elite des Königreiches, die das repräsentative Versailler Repertoire im Auftrag Ludwigs geschaffen und perfektioniert hatten, so dass sein Sonnenkönigtum auch akustisch weit über die Grenzen Frankreichs ausstrahlte.
Sowohl die CD- wie auch die etwas anders programmierte und besetzte DVD-Version dieser monumentalen Schlummer-Suite ergeben im besten Sinne ein facettenreiches „Gesamtkunstwerk“, das sicherlich auch heute noch königlichen Ansprüchen genügen würde. (Ein exklusiver Höhepunkt der DVD, den man nicht verpassen sollte, ist die sich in herrlich melodischen Bögen verströmende Arie "Tant au'a dure la nuit" von Delalande, ergeifend intensiv gesungen von Eugénie Lefèbvre.)
Man kann die Musik in der umfangreicheren CD-Version einfach selbst in abendlicher Ruhe hören, oder den Musikern, die sich erkennbar mit Freude ihrer Kunst widmen, beim Spielen zuschauen. Dabei wandert man durch die monumentalen Treppenhäuser, Prunkräume und Salons von Versailles, bis die Tour schließlich vor dem brokatverhängten Paradebett des Königs endet, wo die letzten, melancholischen Töne dieses Konzerts in die Stille der Nacht verklingen: „Le Dodo“, eigentlich ein Cembalostück von Couperin, das hier in einer intimen Fassung für zwei Gamben dargeboten wird. Wahrlich eine unwiderstehliche Beschwörung von Somnus und Morpheus!
Das alles ist gleichermaßen eingängig wie abwechslungsreich in Besetzung und Interpretation. Das CD-DVD-Doppel dient sicherlich auch zur Werbung für die Chateau des Versailles Spectacles, die coronabedingt 2020 viele Veranstaltungen absagen mussten (2021 soll das Coucher-Konzert vor Ort nachgeholt werden).
Auch wenn die beruhigenden Töne nicht zu kurz kommen, sorgt die Lebhaftigkeit einiger virtuoser Stücke doch dafür, dass man keinesfalls so einfach wegdöst. Vielmehr ziehen diese köstlichen Miniaturen die Aufmerksamkeit der Zuhörenden auf sich und stimulieren ihre Fantasie. Mag sein, dass man sich in seinen Träumen schließlich in den königlichen Schlafgemächern oder anderswo im Schloss aller Schlösser wiederfindet, verzaubert, entrückt, erfreut …
Georg Henkel
Trackliste |
CD 74:00
DVD 59:00
Delalande: Prelude; Grande Piece royale
Lemoyne: Prelude
Lambert: Sombres deserts; Dialogue de Marc-Antoine et de Cleopatre
Lully: Plainte d'Atys; Chaconne des Harlequins
Lully / Philidor: Suite en G re Sol
Visee: La Mutine. Allemande gaye; La Conversation; Prelude; Passacaille
Camus: Ah! Qui peut tranquillement attendre; Laissez durer la nuit
Barre: Plainte
Marais: Gigue; Rigaudon; Bransle de Village
F. Couperin: Le Dodo ou L'amour au Berceau, piece croisee
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Besetzung |
Danaé Monnie, Marc Mauillon, Eugénie Lefèbvre und Étienne Bazola (Gesang)
Thomas Leconte und Valérie Balssa (Flöten)
Yoko Kawakubo und Josèphe Cottet (Violinen)
Myriam Rignol, Mathilde Vialle und Julie Dessaint (Gamben)
Sébastien Daucé (Cembalo)
Romain Falik (Theorbe und Gitarre)
Caroline Lieby (Harfe)
Thibaut Roussel (Theorbe und Leitung)
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