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Wino
Punctuated equilibrium
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Nach dem Dahinscheiden seiner letzten Band veröffentlicht Scott Weinrich nach 30 Jahren im Musikzirkus sein erstes reines Soloalbum. Den meisten ist der Herr natürlich unter seinem Spitznamen Wino bekannt. Mit The Obsessed und Saint Vitus prägte er das frühe Bild des Doom Metals und wurde zu einer wahren Undergroundlegende. Später wandte er sich nach vermehrten persönlichen Problemen mit Spirit Caravan und The Hidden Hand immer mehr auch stonerähnlichen Rocksounds zu. Mit Punctuated equilibrium erfüllt er sich nun einen lange gehegten Traum und ist erstmals alleiniger Chef im Ring. Doch da es sich als Musiker vom alten Schlag alleine nicht so gut musiziert, holte sich Wino mit dem Clutch-Schlagzeuger Jean Paul Gaster und Rezins Jon Blank am Bass zwei gestandene Mitstreiter mit an Bord.
Das Ergebnis ist ein Powertrio-Album, welches man sich genau so vorgestellt und auch gewünscht hat. Eine äußerst lebendige CD voller beseelter und ehrlicher Songs. Altmodisch im Sound, aber zeitlos in der Wirkung. Harte Rocksongs, mal dunkel und doomig, mal deftig rockend oder nach THC-haltigen Rauchwaren duftend. Voller warmer Gitarrensounds, mitreißenden Grooves und dem charismatischen Gesang von Wino selbst. Dabei klingt Punctuated equilibrium anfangs noch recht unscheinbar und an manchen Stellen regelrecht langweilig. Auch wenn das Brodeln unter der ranzigen Kruste immerwährend zu spüren ist. Doch das Album wächst mit jedem Durchlauf und es stellt sich bald ein ziemliches Verlangen danach ein. Zu groß ist doch der Charme von Songs wie dem lockeren „Release me“ mit seiner leichten Bluesnote oder satt dahingroovenden „Smilin’ road“. Dass Wino nach wie vor Black Sabbath, Hendrix und Humble Pie zu seinen Einflüssen zählt, hört man dabei ohne weiteres. Auch eine gewisse Jazz- und Funknote ist hier und dort in seinem markanten Gitarrenspiel zu vernehmen.
Doch hat der Gute schon lange seinen eigenen Weg gefunden und spielt auf seinem Solostreich seine ganze Erfahrung aus. Es tut einfach immer wieder gut seinen warmen Gitarrensound in leidenschaftlichen Rocksongs zu hören. In den beiden schon leicht psychedelisch anmutenden Instrumentalstücken „The woman in orange pants“ und „Wild blue yonder“ gibt es davon auch jede Menge. Letzteres klingt etwas sperrig und fast wie eine Jamsession. Ganz anders dagegen der harte Uptempo-Titeltrack „Punctuated equilibrium“, der sofort auf die 12 geht. Auch das fuzzige und recht melodische „Secret realm devotion“ entfaltet schnell seine Wirkung. Nur zu schade, dass es am Ende recht überraschend und unfertig ausgeblendet wird. Ist es doch eines der Highlights des Albums. Dass sich Wino trotz Retrosound im Hier und Heute befindet und nicht nur über Düsteres und Spirituelles singt, zeigt er immer wieder textlich. Besonders eindeutig (wie schon am Titel zu erkennen) bei „Gods, frauds, neo-cons and demagogues“. Hier werden gesampelte Redenausschnitte von schweren Doomriffs untermalt.
Je länger sich die CD im Schacht dreht, desto mehr möchte man davon bekommen. Auch wenn das Gehörte sicher nicht in jeder Lebenslage zu genießen ist. Doch mit Punctuated equilibrium zeigt Wino mal wieder, warum er zu den am meisten respektierten Persönlichkeiten im Metal-Underground gehört, auch wenn sich der kommerzielle Erfolg für ihn nie eingestellt hat. Doch mit Alben wie diesen bleibt ihm der Respekt auch zukünftig gewiss. Bitte einmal etwas genauer reinhören!
Mario Karl
Trackliste |
1 | Release me | 5:52 |
2 |
Punctuated equilibrium | 2:46 |
3 |
The woman in the orange pants | 3:25 |
4 |
Smilin’ road | 5:09 |
5 |
Eyes of the flesh | 4:12 |
6 |
Wild blue yonder | 6:25 |
7 |
Secret realm devotion | 4:50 |
8 |
Water crane | 1:57 |
9 |
Gods, frauds, neo-cons und demagogues | 3:12 |
10 |
Silver lining | 4:31 |
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Besetzung |
Scott “Wino” Weinrich (Gesang, Gitarre)
Jean Paul Gastner (Schlagzeug)
Jon Blank (Bass)
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