Vivaldi, A. / G. B. Pergolesi (Mühlbacher)
Nisi Dominus, Stabat Mater
VIELVERSPRECHENDER WECHSEL
Wer beim Album-Cover an das gute alte Nevermind von Nirvana denkt, ist auf dem Holzweg – wenn man davon absieht, dass es hier wie dort um ein tiefes, existenzielles Eintauchen in die Tiefen der Musik geht und das mit dem „Teen Spirit“ vielleicht auch nicht ganz verkehrt ist, denn: Alois Mühlbacher, von zahlreichen CD-Aufnahmen und Aufführungen noch als ungewöhnlich virtuoser Knabensopran in Erinnerung, hat nach der Mutation recht bruchlos ins Counter-Fach gewechselt und profitiert dabei nun neben seinem musikalischen Einfühlungsvermögen natürlich auch von jahrelanger Bühnenerfahrung. Das gibt genug Selbstbewusstsein, um vor den echten Brocken nicht zurückzuschrecken und keine Konkurrenz zu scheuen. Wer sich als Counter mit Vivaldis „Nisi Dominus“ und Pergolesis „Stabat Mater“ präsentiert, muss sich immerhin unweigerlich mit den ganz Großen des Fachs messen, wie etwa einem Philippe Jaroussky.
Doch Mühlbacher braucht den Vergleich nicht zu scheuen, zumal sein Ansatz ein anderer ist. Ihm ist es nicht in erster Linie um überirdische Schönheit zu tun, sondern um ein tiefes Empfinden und um dramatischen Ausdruck. Dass dabei dem unbedingten Willen zur Gestaltung noch nicht durchweg die ganze Palette der Mittel gegenübersteht, ändert nichts daran, dass seine Interpretation beider Werke intensiv, einnehmend und bewegend gerät. Die Färbung hat noch einen Rest der Rauheit und Opakheit einer Knabenstimme, aber mit erwachsenem Volumen und Tragfähigkeit. Dadurch fügt sich der Vortrag im „Stabat Mater“ ideal zusammen mit dem Gesang des erneut erstaunlich talentierten, stil- und intonationssicheren Sopransolisten der St. Florianer Sängerknaben, Christian Ziemski. Es ergeben sich im Zusammenklang ganz organisch wunderbare Überlagerungen, ohne dass ein Sänger den anderen dominieren würde. Ohnehin ist das Stück in dieser Konstellation kein virtuoser Sängerwettstreit, sondern wie entrücktes, staunenswertes musikalisches Erlebnis zwischen Himmel und Erde.
Das Ensemble Scaramouche bereitet den jungen Solisten ein instrumentales Gerüst, das ihnen genug Raum zur Entfaltung lässt. Franz Farnberger balanciert das Ganze souverän zwischen den Polen dramatischer Zuspitzung und meditativer Versenkung.
Sven Kerkhoff
Trackliste |
1-9 A. Vivaldi: Nisi Dominus, RV 608
10-21 G. B. Pergolesi: Stabat Mater
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Besetzung |
Christian Ziemski: Knabensopran
Alois Mühlbacher: Countertenor
Ensemble Scaramouche
Franz Farnberger: Ltg.
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