Peter Fulda
Orpheus has just left the Building
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Wenn man nicht einmal Fachmann für Klassik ist, dann ist ein dermaßen experimentelles Klassik(?)-Album, wie Peter Fuldas Aufarbeitung von Henry Purcells Werk, eine echte Herausforderung.
In den Liner Notes stellt Fulda die Frage, wie Purcell ohne eine dreihundertjährige Traditionsgeschichte klingen würde und lädt dann zu der Vorstellung ein, es gäbe weder eine klassische Musik, noch einen Jazz mit all den gesetzten Regeln und Vorstellungen, wie Musik zu klingen habe und was eine korrekte Improvisation sei. Und dann legt er mit seinen Mitstreitern los, um die Musik aus dem 17. Jahrhundert ins Hier und Jetzt zu holen.
Ich weiß nicht, ob das, was dabei herausgekommen ist, gute Musik ist. Ich weiß auch nicht, wie oft ich sie mir in Zukunft anhören werde. Aber ich muss definitiv sagen, dass das Ergebnis höchst interessant ist und, dass es Spaß, streckenweise sogar ein diebisches Vergnügen bereitet hat, das Album auch mehrfach durchzuhören.
Klassik und Jazz nennt Fulda, auch wenn er die Gültigkeit ihrer Gesetzmäßigkeiten in Frage stellt, letztlich genau dadurch als die Rahmen, in denen er agiert. Klassik hört man, keine Frage. Dafür sorgen schon die den Improvisationen zugrunde liegenden Kompositionen und auch der Klang des Countertenors. Jazz höre ich eher weniger und wenn, dann eher Free Jazz. Dafür hört sich für mich vieles so an, dass ich auf die Bezeichnung Musiktheater nicht verzichten möchte.
Dazu trägt nicht zuletzt Pegelia Gold bei, deren Beitrag im Line Up zu Recht weder mit „Vocals“, noch mit der Singstimme, sondern schlicht mit „Voice“ angegeben wird. Das ist sachgemäß. Denn sie singt zwar auch gelegentlich, vor allem aber kiekst sie, sie schreit, sie seufzt und sie fiepst auch mal am Rande eines hysterischen Lachens. Aber irgendwie ist das lebendig, es macht Spaß und es passt.
Im Endeffekt kommt dabei ein sehr variantenreiches Album heraus. Am einen Ende stehen die relativ „normalen“ Stücke „(…sunken)“, bei Dominanz wohl der Violone können wir hier einmal den tänzerischen Gesang Golds genießen, „Air“, ein spanisch klingendes Instrumental mit der Laute im Zentrum, und das vergeistigte „Laid in Earth“, bei dem ruhiger Gesang von einem leichten Piano begleitet wird.
Zu den schräg experimentierenden Stücken gehört „The One with the good Device“. Hier kommen die drei Haupttäter des Albums gut zur Geltung. Fulda legt mit dem Piano die Basis. Johannes Reichert steht als sehr schön, fast crooender Countertenor einer völlig los gelassenen Pegelia Gold gegenüber. Dies ist das Stück, bei dem sie nach Fiepsen und Sprechen in das bereits erwähnte, nahezu hysterische Lachen verfällt.
Wer sich auf ein spannende Hör-Abenteuer einlassen kann, ist hier definitiv richtig.
Norbert von Fransecky
Trackliste |
1 | Introducing | 8:52 |
2 | The Secrecy | 5:15 |
3 | Vom Vergießen der Tränen | 5:53 |
4 | (…sunken) | 3:30 |
5 | Woop the | 4:10 |
6 | The Night | 6:44 |
7 | The One with the good Device | 11:05 |
8 | Air | 3:38 |
9 | Upon a Drone | 5:42 |
10 | Bass Solo | 1:44 |
11 | Sing on! | 3:08 |
12 | Laid in Earth | 3:24 |
13 | Unity of Effect | 5:19 |
14 | Forget my Fate | 2:47 |
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Besetzung |
Johannes Reichert (Countertenor)
Peter Fulda (Piano, Perc)
Pegelia Gold (Voice)
Christine Riessner (Laute)
Ulrike Koch (Cembalo)
Alex Bayer (Kontrabass, Violone)
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