The Drums Are Back: Laura Shenton legt eine Biographie über Cozy Powell vor
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Autor: Laura Shenton
Titel: Dance With The Devil. The Cozy Powell Story
Verlag: Wymer Publishing
ISBN: 978-1-912782-33-8
Preis: 14,99 £
208 Seiten
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Auch mehr als zwei Dekaden nach seinem Tod genießt Cozy Powell immer noch den Ruf als einer der besten Schlagzeuger, die je im Rockbereich gearbeitet haben – aber interessanterweise hat sich noch niemand die Mühe gemacht, die Biographie dieses Mannes etwas genauer zu erforschen. Die junge Musikwissenschaftlerin Laura Shenton stellte, als sie sich dieser Aufgabe zu widmen begann, auch schnell fest, woran das lag: Powell sprach durch seine Musik, er gab auch Interviews über seine Musik – aber den Menschen dahinter ließ er nur so weit an die Öffentlichkeit dringen, wie dies zum Verständnis der Musik und/oder bestimmter Handlungen notwendig war. Sein Privatleben hingegen hielt er völlig aus der Öffentlichkeit heraus, und so überrascht es nicht, dass bis auf ein paar gesicherte Fakten wenig über den Briten bekannt ist – noch nicht mal sein genauer bürgerlicher Name steht fest: Die Quellen schwanken zwischen Colin Trevor Flooks, Colin Powell und Colin Trevor Powell, was unter anderem daran liegt, dass er ein Adoptivkind war und seine biologischen Eltern nie kennengelernt hat, und offensichtlich sind die diesbezüglichen Urkunden schwer oder (noch) gar nicht zugänglich. Den Spitznamen Cozy legte er sich in Anlehnung an den Jazzdrummer Cozy Cole zu, und zwar schon in seiner Jugend – nachdem er sich kurz als Gitarrist versucht hatte, wechselte er schnell zum Schlagzeug, das er dann in seiner Schulband in Cirencester, Gloucestershire spielte, bevor er bei diversen lokalen Kapellen einstieg, letztlich die Schule schmiß und mit The Sorcerers nach Deutschland ging, wo er in den Mitt- und Spätsechzigern drei Jahre lang durch die Clubs tingelte, teils pro Abend mehrstündige Sets spielend und das sieben Tage die Woche. Noch in den Sechzigern „erfand“ er nach seiner England-Rückkehr das Spiel mit zwei Bassdrums, und zwar an einem Abend, als er zusätzlich auf Equipment von Mitch Mitchell, dem Drummer von Jimi Hendrix, zurückgreifen konnte. Sich zu einem äußerst gefragten Session-Schlagzeuger entwickelnd, spielte er nebenher sowohl in einer eigenen Band als auch in der von Jeff Beck, und 1973 schaffte er es mit der Single Dance With The Devil sogar auf Platz 3 der UK-Charts – für ein Soloprojekt eines Schlagzeugers mehr als ungewöhnlich. Trotzdem gab er 1974 die Musik vorerst auf und widmete sich seiner zweiten großen Leidenschaft, dem Rennfahren, und hätte nicht Ritchie Blackmore ihn angerufen, als er 1975 einen Schlagzeuger für Rainbow brauchte, Powell wäre womöglich im Motorsport geblieben, und der Rockwelt wäre einiges entgangen. Mit Rainbow wurde sein Drumming stilprägend für Generationen späterer Metaldrummer (höre etwa „Kill The King“!), bevor er als letztes Mitglied der klassischen Rising-Besetzung Ritchie verließ, um zunächst bei der Michael Schenker Group einzusteigen, wo man sein Können beispielsweise auf der formidablen Live At Budokan-Scheibe bewundern kann. Auch Schenkers Bandmitgliederfluktuation war indes legendär, und da Powell schon immer geradeheraus seine Meinung sagte, geriet er mit den selbsternannten oder realen Führungsfiguren der Bands, in denen er spielte, nicht selten aneinander, auch wenn jene später einräumen mußten, dass der Schlagzeuger in vielen Aspekten durchaus recht gehabt hatte. So wechselte Powell zu Whitesnake, wurde dort allerdings im Vorfeld der Erstellung des legendären 1987-Albums, das dann Aynsley Dunbar eintrommelte, geschaßt und nahm alsdann ein Album mit Keith Emerson und Greg Lake auf, das unter dem Bandnamen Emerson Lake & Powell erschien. Jüngeren Metalfans hingegen wird der Schlagzeuger im wesentlichen durch seine Mitwirkung bei Black Sabbath bekannt sein, wo unter seinen drei Alben Headless Cross berechtigten Klassikerstatus genießt. In den Neunzigern half er Brian May, nach Freddie Mercurys Tod ein Soloprojekt anzuschieben, und war letztlich in seiner „Sammlung“ von großen, aber schwierigen Gitarristen (zu denen May ausdrücklich nicht gehört, dafür aber beispielsweise auch Gary Moore, der Powell anno 1989 sechs Tage vor dem Start der Tour zum von ihm eingetrommelten After The War-Album aufgrund unterschiedlicher Meinungen zum Drumstil feuerte) bei Yngwie Malmsteen gelandet, als er 1998 im Alter von 50 Jahren mit überhöhter Geschwindigkeit und mobil telefonierend mit dem Auto gegen einen Brückenpfeiler prallte, was er nicht überlebte.
Neben all den genannten „großen“ Acts ist Powell immer ein begehrter Sessionmusiker geblieben, und so hört man ihn auf Aberdutzenden von Platten, auch zahlreichen, an die man im Kontext mit seinem Namen nicht sofort denkt – das reicht von Cinderellas Long Cold Winter bis hin zu, jawohl, Hot Chocolate: Obwohl sein zentrales Feature das eines „hard-hitting drummer“ war, beschränkte sich sein Aktionsradius beileibe nicht auf Produktionen, wo es primär auf Energietransport ankam. Mit Peter Green und dessen Splinter Group etwa widmete er sich Bluesklängen, und selbst an Stevie Wonders „Superstition“ war er beteiligt. Da er schon sehr früh einen Ruf als ausgezeichneter Sessionmusiker hatte, konnte er zumindest in gewissem Maße die Aufträge nach seinem Gusto auswählen, was ein zentrales Credo von ihm formte: „Für Geld tue ich als Musiker noch längst nicht alles. Das war früher so, und das wird in Zukunft so bleiben.“ So las man es im Metal Hammer 13/1989 nach oben beschriebenem Zerwürfnis mit Gary Moore (hier zitiert nach dem Gary-Moore-Kapitel in Matthias Herrs viertem HM-Lexikon-Band), und das paßt auch zu vielen der von Laura Shenton in ihrem Buch beschriebenen Szenarien.
Die Autorin beschloß, konfrontiert mit der eingangs beschriebenen Quellensituation, die Biographie im wesentlichen auf Archivmaterial aufzubauen. Das führt dazu, dass das Buch sicherlich zur Hälfte aus Originalzitaten besteht – solchen Powells (vorwiegend in allen möglichen Musikzeitschriften), allerdings auch zahlreichen seiner Weggefährten. Einziges Problem: Shenton scheitert gelegentlich an der Wertung der Zitate und läßt auch offenkundige Widersprüche verschiedener Quellen bisweilen kommentarlos nebeneinander stehen. So bleibt unklar, ob Phil Collins, der die schon von Powell eingespielten Drumspuren für das komplette Pictures At Eleven-Album von Robert Plant als unübertrefflich charakterisiert hatte, dann doch nochmal für das Gros der Songs neue eingespielt hat, und auch der Aspekt, wann Powell konkret nach Deutschland ging, bleibt mit unterschiedlichen Daten behaftet. Bisweilen kommentiert die Autorin die Zitate durchaus, auch mit deutlich wertendem Ton, wenn es beispielsweise um die bösen Streiche geht, die Blackmore und Powell dem Rising-Keyboarder Tony Carey spielten. Ansonsten beschränkt sie sich aber aufs Ordnen des Materials, was schwer genug gewesen sein dürfte. Ein langes Einleitungskapitel geht zunächst grundsätzlich auf Leben und Karrierestationen ein, das zweite Kapitel widmet sich dem überraschenden Charterfolg mit Dance With The Devil, und die restlichen Kapitel sind dann prinzipiell chronologisch sortiert, was bedeutet, dass es mit Kapitel 3 (The Jeff Beck Group) und 4 (Bedlam) zunächst nochmal Rücksprünge gibt, und ab Kapitel 9 läßt sich die Chronologie dann nicht mehr ganz einhalten, da Powell in zwei Perioden bei Black Sabbath spielte (Kapitel 9), die Zeit mit Brian May aber mit diesen zwei Perioden verschränkt ist. Kapitel 11 behandelt die verschiedenen Soloprojekte (eines der Alben trug den programmatischen Titel The Drums Are Back), Kapitel 12 ist mit „His Legacy Lives On“ überschrieben und besteht zu einem nicht geringen Teil aus Zitaten aus Nachrufen. Ein Anhang systematisiert dann die Bands, in denen Powell aktiv war, samt der jeweiligen Besetzungen und schließlich die Diskographie – einer der interessantesten Teile, denn hier kann man auf weitreichende Spurensuche gehen. Die Diskographie strebt laut einleitender Erläuterung Vollständigkeit an, erreicht diese aber nicht ganz, denn zumindest Dragon’s Secrets, der 1997er Zweitling der Italometaller Skylark, fehlt – Powells Mitwirken soll der Scheibe in Japan, wo der Drummer kultische Verehrung genoß, zu großem Erfolg verholfen haben, liest man in der 1999er Ausgabe des Ultimate Hard Rock Guide. Auch die erwähnte Stevie-Wonder-Aufnahme findet sich in der Liste nicht – das allerdings aus einem sachlichen Grund: Keiner weiß nach aktuellem Stand genau, ob in der letztlich veröffentlichten Fassung tatsächlich die von Powell eingespielten Spuren benutzt wurden oder andere. So könnte sich vielleicht in Zukunft noch der eine oder andere Schleier lüften lassen, aber mancherlei wird auch im Nebel bleiben. Neben dem Textteil (in recht großer Schrift – die Zielgruppe wird halt auch nicht jünger) enthält das in gut verständlichem Englisch verfaßte Buch noch einen Bildteil mit acht Seiten historischer Fotos, darunter auch eins von 1974, das Powell in Zandvoort vor einem Rennwagen zeigt und nochmal klarmacht, was uns Musikliebhabern entgangen wäre, wenn der Schlagzeuger im musikalischen Ruhestand geblieben wäre.
Roland Ludwig
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