Tori Amos stellt ihre autobiographischen Reflektionen unter die Überschrift Widerstand
Wer bei dem Untertitel „Die Geschichte einer Songwriterin“ erwartet eine (Auto)-Biographie von Tori Amos geliefert zu bekommen, wird von diesem Band doppelt enttäuscht werden. Es gibt hier diese Autobiographie nicht nur nicht, ihre Kenntnis wird sogar ein Stück weit vorausgesetzt. Es ist nicht ganz leicht zu erfassen, was Widerstand denn nun ist. Es ist keine Biographie. Es ist kein Kommentar zu den Songs von Tori Amos. Und es ist auch kein Tagebuch. Es enthält aber Aspekte von all dem. Es wirkt eher wie die Erzählung einer Person, die ihr Tagebuch durchblättert, an bestimmten Stellen hängen bleibt und uns erzählt, was ihr daran wichtig ist und war. Dabei wird immer wieder Bezug auf einzelne Song-Texte genommen, die dann auch (im englischen Original ohne Übersetzung) abgedruckt sind. Die ersten 50 Seiten über war ich sehr froh, dieses Buch in deutscher Übersetzung vorliegen zu haben. Bei einem englischen Titel wäre ich wahrscheinlich über meine mangelnden Englisch-Kenntnisse verzweifelt. So aber dürfte es wohl andere Gründe haben, dass ich teilweise kaum begriffen habe, wovon Tori Amos hier spricht und was sie damit sagen will. Seite 55 beginnt am 11. September um 5.30 und schildert die alltägliche Routine bis zu dem Moment, in dem im Radio die Meldungen über den Terrorangriff auf das World Trade Center kamen. Die folgenden Seiten und Kapitel beschreiben sehr spannend, wie mit dem Erlebten umgegangen wurde. Im Weiteren changiert das Buch zwischen etwas kapriziösen, feministisch geprägten Reflexionen, manchmal nachdenklich, manchmal agitatorisch und Kommentaren zur politischen Situation in den USA bis hinein in die Trump-Ära. Fazit: Eine teilweise anstrengende, teilweise sehr spannende Selbstoffenbarung, die massiv zum Nachdenken anregt. Die schwarz-weißen Bildstrecken sind von einer Qualität, die man eher von selbstkopierten Flugblättern aus den 80er Jahren erwartet, als von einem professionell produzierten Buch des 21. Jahrhunderts. Und eine Übersetzung der Lyrics wäre auch nicht bad gewesen. Norbert von Fransecky |
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