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Rockmusik aus der DDR? Das bedeutete während der Zeit des geteilten Deutschlands im Westen nicht einmal so etwas wie einen Exoten-Bonus. DDR-Rock, das klang so erotisch wie Stützstrümpfe, Feinripp-Unterwäsche über Bierplautze oder das Politbüro.
Eine Ansicht, die ihre Gründe hatte, sicher aber auch auf sehr viel Unwissen beruhte. (Wobei ich die Frage, ob mehr Wissen über die DDR-Musikszene das Urteil geändert hätte, mal in den Raum stelle.) Denn eigentlich gab es nur drei, bzw. besser zweieinhalb DDR-Bands, die im Westen über absolute DDR-Freaks hinaus überhaupt jemand kannte. Okay, Frank “links von mir“ Schoebel und Chris “rechts von mir“ Doerk hatten mir ihren Texten, die locker das durchschnittliche Intelligenz-Niveau der ZDF-Hitparade erreichten, ein gewisses Airplay, aber wir sprechen hier von Rock-Musik.
70 Prozent der westlichen Aufmerksamkeit dürften von einer Band absorbiert worden sein, die eigentlich immer das Aushängeschild des DDR-Rocks gewesen war. So gehörte die Live-Scheibe, die die Puhdys anlässlich ihres 10-jährigen Bestehens im Ost-Berliner Friedrichstadtpalast aufgezeichnet hatten, durchaus zum Grundbestand westdeutscher Rock-Discotheken. Ein Großteil der restlichen Aufmerksamkeit konnten Karat für sich verbuchen, vor allem seit Peter Maffay mit einer Coverversion ihr „Über sieben Brücken musst du gehen“ populär gemacht hatte.
Ja, und dann gab es da noch die City Rockband, oder kurz: City. Aber die waren ein echtes One-Hit-Wonder. Zu Recht übrigens. Denn während die Puhdys und Karat zwar ihre Hits hatten, aber auf ihren LPS auch ein gutes Beiblatt boten, war das, was City auf ihre LP boten schlicht Ausschuss – mit einer Ausnahme eben, dem eine ganze LP-Seite umfassenden Longtrack „Am Fenster“, den man in seiner hymnisch symphonischen Pracht durchaus auf eine Höhe mit der „Bohemian Rhapsody“ oder John Miles‘ „Music“ stellen kann.
Der Null-Erotik-Faktor der DDR-Rock-Szenen lag sicher auch an der massiven Gängelung der Bands durch die staatliche Musikaufsicht. Und die bröckelte Ende der 80er wie manches andere im Arbeiter- und Bauernstaat. Da gab es Bands, die ausbrachen, die schon im Namen verreiten, was sie von ihrem fortschrittsgläubigen Einheitsstaat hielten. Sich Die Anderen oder die Skeptiker zu nennen, war schon vom Namen her fast Hochverrat am sozialistischen. Und dem setzte eine weitere Band die Krone auf. Dekadance trug mit der Verschreibung „dance“, statt „denz“, etwas auch noch lustvoll fröhlich vor sich her, was in der DDR durchaus ein Haftgrund sein konnte.
Hinter dem Namen Dekadance stand ein Musikerkollektiv, das mit Versatzstücken von Rock, Pop, Jazz, spoken Word perfomances und diversem anderen ein manchmal an Zappa gemahnendes Musiktheater inszenierte, das sich vor allem in einer Situation entwickeln kann, in der Verkäuflichkeit (Westen) oder behördliche Zustimmung (Osten) sowieso keine Rolle spielten. In der aufbrechenden, sich dem Staat verweigernden DDR-Musik-Szene herrschte daher Ender der 80er eine ähnliche Aufbruchsstimmung, wie im Westen Anfang der 70er als deutscher Rock noch ein Widerspruch in sich zu sein schien.
Von daher könnte man Dekadance durchaus auch als Krautrock-Band bezeichnen. Denn ihr Auftritt entspricht sehr dem, was Bands wie Guru Guru, Embryo und andere knapp 20 Jahre vorher im Westen gemacht haben. Ihr Debüt „Happy Birthday“ (siehe Foto) konnte noch in der zerfallenden DDR beim Staats-Label Amiga erscheinen. Da ich es nur als LP besitze, kann es allerdings nicht Thema dieser Kolumne sein, die dem ersten gesamtdeutschen Album der Band gewidmet ist, die es sicher sehr ironisch Dem deutschen Volke gewidmet hat.
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