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Zwei Preisetiketten befinden sich auf dem Deckel meines Exemplars von Gut Level Music. 6,00 DM ist auf dem Etikett zu lesen, das man im Steglitzer Second Hand Plattenladen Frisby irgendwann über den ursprünglichen Preis (ebenfalls von Frisby) geklebt hat. Der ist von hinten noch zu lesen: 22,00 DM. Das ist durchaus bezeichnend für diese Art von Musik zumindest in Deutschland. Für dezidiert christliche Rockbands gibt es kaum einen Markt. Sie tauchen daher für ihren Marktanteil überdurchschnittlich häufig in den Wühlkisten der Plattenläden auf, weil zum Normalpreis kaum eine Nachfrage da ist. Das dürfte weniger daran liegen, dass das Publikum christliche Texte ablehnt. In der Regel kennt man die Bands einfach nicht.
Ich weiß gar nicht, ob mir der Name Altar Boys bekannt war, bevor ich die CD gekauft habe. Aber der Bandname im Zusammenklang mit dem Plattenlabel Frontline ist so eindeutig christlich, dass das Album – zumal zum Preis von 6 DM – eindeutig zum Abschuss frei gegeben war.
In den letzten 25 Jahren hat sich die Situation etwas geändert – erst einmal in den USA. Als die Altar Boys 1984 mit ihrem Debütalbum erschienen, war der an die Ramones angelehnte Punk-Sound für eine christliche Band noch überraschend. In der Regel klangen christliche Bands braver als die weltliche Konkurrenz. Neue provokante Stile wurden im christlichen Lager erst adaptiert, wenn sie etabliert waren und man sich an sie gewöhnt hatte. Die Mitte der 80er brachte die Wende. Die Bibel schmeißenden Hair Spray Metaller Stryper bewegten sich in Stil, Outfit und Auftreten durchaus auf Augenhöhe mit Top Bands wie Bon Jovi (die damals noch nicht als Poser verschrien waren). Später etablierten sich so unterschiedliche Bands wie Mortification (Grind Metal), Tourniquet (Math Metal) oder Trouble (Doom) anerkannt in der Metal Szene. Um die Jahrtausendwende gehörten christliche Bands sogar zur Speerspitze der NuMetal (P.O.D.) und Metalcore (As I lay dying) Szene.
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