Mercenary - "nicht Everybody's Darling"
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Gesprächspartner: Jakob Molbjerg (Mercenary)
Zeit: 30.11.2004
Ort: Aalen, Rock-It
Interview: Face 2 Face
Stil: Heavy Metal
Internet: http://www.mercenary.dk
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Sozusagen von Null auf Hundert starteten die dänischen Schwermetaller Mercenary im letzten Jahre mit ihrem aktuellen Album 11 Dreams durch und mutierten so direkt vom ehemaligen Insidertipp zu einem der absoluten Hoffnungsträger der Szene. Kurz vor dem Mercenary-Gig im Aalener Rock-It, der die Fans auf Betriebstemperatur für den späteren Hauptact Evergrey bringen sollte, stand uns Mercenary-Gitarrist Jakob Molbjerg im Backstagebereich für ein munteres Frage-Antwort-Spielchen zur Verfügung, das uns die dänische Truppe um einiges näherbrachte, als es deren CD's und Liveauftritte je fertig bringen würden.
Mit unserer Einstiegsfrage nach der genauen Genreeinordnung seiner Band wurde Mr.Molbjerg, der mit Gründungsmitglied Kral für die Pressekontakte der Truppe zuständig ist, sicherlich schon einige Male konfrontiert, doch dies ist auch nur zu verständlich, da anhand der Vielseitigkeit der bisherigen Veröffentlichungen seiner Truppe wohl jeder Schreiberling eine andere Meinung über den genauen Mercenary-Stil zu Papier bringt. Uns beruhigte deshalb auf jeden Fall gewaltig, dass selbst der Gitarrist des Sextetts in dieser Sache keine universelle "Generallösung" parat hatte: "Wir versuchen einfach Songs zu schreiben, die der Hörer nicht so schnell vergisst. Unseren Sound kann man als Kombination aus vielen Genres definieren, was man vor allem am Gesang festmachen kann, der zwischen cleanen Vocals und brutalen Death-Metal-Growls wechselt. Genauso verhält es sich auch mit der Instrumentierung, die im besten Fall eine Balance zwischen melodischen und aggressiven Sounds darstellen soll."
Dieser Mix hat eben auch viel mit den musikalischen Vorlieben der einzelnen, allesamt am Songwriting beteiligten Mercenary-Mitglieder zu tun. So kann es durchaus vorkommen, dass bei langen Fahrten zum nächsten Auftrittsort nach dem neuen Fates-Warning-Album härtester Schweden-Death aus den Boxen des Tourbusses dröhnt. Daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass der Haufen auf ihrem neuesten Longplayer eine Coverversion der schwedischen Popband Kent plazierte, die von der Metalszene mit gemischten Gefühlen aufgenommen wurde. "Man kann eben nicht Everbody's Darling sein", äußert sich Mr.Molbjerg zu diesem Thema. "Viele Mitglieder von Mercenary hören Sachen wie Kent auch privat und "Music Non Stop" ist einfach ein sehr guter Song, der auf den zweiten Blick in Sachen Songwriting sogar jede Menge Gemeinsamkeiten mit unserer Vorgehensweise hat. Ihr müsst einfach einmal auf den Refrain achten!", empfahl uns der Blondschopf und hatte damit nicht einmal Unrecht.
Wenn so viele Köche mit der Zubereitung des musikalischen Breis zu tun haben, gibt es natürlich auch immer wieder mal ein paar Meinungsverschiedenheiten, die neben persönlichen Differenzen der Hauptgrund für die relativ häufig vorkommenden Line-Up-Wechsel in der Vergangenheit waren. Laut unserem Gesprächspartner hat man nun aber so etwas wie die ideale Besetzung gefunden, denn alle ziehen an einem Strang und jeder Einzelne ordnet sich im Zweifelsfall dem Kollektiv unter, auch wenn das manchmal verständlicherweise schwerfällt.
Auch vor den Recording-Sessions zum aktuellen bandinternen Meilenstein 11 Dreams durften neue Bandmitglieder ihren Einstand geben, doch die für den Mercenary-Sound prägnantesten Entscheidungen auf dem Musikertransfermarkt wurden im Jahre 2002 getroffen, wo Everblack sozusagen den Wendepunkt zum heutigen Stil darstellte. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte man die Dänen eindeutig der Todesstahlabteilung zuordnen, doch durch die Verpflichtung der beiden Sandager-Brüder, von denen Mikkel mit seinem äußerst variablen Gesangsstil beeindruckte und mit Morten erstmals ein fester Keyboarder ins Line-Up gerutscht war, wurde der Anteil toller Melodien um ein Vielfaches erhöht und dem Schaffen der Band praktisch alle Türen in sämtlichen Himmelsrichtungen geöffnet. Unser Gegenüber meint sogar, dass man quasi sämtliche Gesetze der Branche außer Kraft gesetzt habe und das Mercenary-Material im Zuge eines stetig ansteigenden Reifegrades melodischer, aber auch gleichzeitig aggressiver macht. Wenn man sich die beiden jüngsten Alben des Haufens so anhört, könnte man ihm entgegen jeder Logik sogar fast Recht geben.
Unseren Respekt haben unsere nördlichen Nachbarn auf jeden Fall schon einmal sicher, denn wie wir hörten, ist es ziemlich schwer aus der Metalszene Dänemarks international auszubrechen, da das Land, trotz relativ neuen Bands wie Mnemic, Hatesphere oder Raunchy, ganz im Gegensatz zu Schweden und Finnland noch als Exot in der Metalwelt gilt. Mercenary wären, wie wir durch die Blume erfahren haben, schon mächtig stolz darauf, wenn sie den Weg für weitere Kapellen aus dem Land der Bettenhäuser durch ihre Erfolge etwas ebnen könnten.
Dass die Hopefuls aus dem Nachbarland vor allem zur Everblack-Zeit jede Menge Musik der Marke Nevermore konsumierten, hört man ohne weiteres aus diversen Tracks heraus. Daraus machen die Dänen auch kein Geheimnis, um nicht wie diverse Musiker-Kollegen ihre Einflüsse zu verleugnen. "Ich kann es leicht verstehen, wenn im Zusammenhang mit Mercenary irgendwelche Nevermore-Vergleiche aufkommen, da auch die Warrel Dane und Co. extreme Musik mit cleanen Vocals verbinden, und ich denke nicht viele Bands haben diese spezielle Gemeinsamkeit", stellt Jakob fest und hat auch zu der anderen oft genannten Referenzband etwas zu sagen. "Auch der Vergleich zu Soilwork deckt sich mit derselben Theorie wie bei Nevermore, obwohl wir nie absichtlich probiert haben, wie eine andere Band zu klingen. Sicher haben wir Spaß mit deren Musik, doch jeder Musiker möchte das, was ihn bei seinen Vorbildern stört verändern und das, was er vermisst, hinzufügen." Obwohl die Truppe genau weiß, wie sie klingen möchte, ist sie, trotz ihres schön beschriebenen Patentrezeptes, laut Aussage des blonden Axemans noch lange nicht an der gewünschten Perfektion angekommen. Doch jeder neue Song bringt die Band weiter an dieses Ideal. Kein Wunder also, dass bei dieser positiven Berufsauffassung 11 Dreams jede Menge "Album des Monats"-Auszeichnungen abgeräumen konnte und die Band im Haifischbecken der harten Musik ein großes Stück nach vorne gespült wurde. An dieser Tatsache ist natürlich auch der neue Plattendeal mit Century Media nicht ganz unschuldig, und die Augen von Molbjerg leuchten fast, als er von seinem neuen Label zu erzählen beginnt. "Mit dem Wechsel zu CM ist für uns ein kleiner Traum in Erfüllung gegangen, denn schon früher war uns klar, dass wir anhand des musikalischen Backgrounds hervorragend zu dieser Firma passen würden. Bisher können wir ausschließlich positives über CM berichten. Die Angestellten der Plattenfirma kümmern sich hervorragend um uns, und wo sonst hat man die theoretische Möglichkeit mit Bands wie Arch Enemy oder Nevermore zu touren." Drücken wir also feste die Däumchen, dass so ein Hammerbilling demnächst die Hallen unserer Republik unsicher macht. Doch auch in naher Zukunft kann man die Dänen, für die die Rundreise mit Evergrey die erste "richtige" Tour darstellt, immerhin im Vorprogramm von Brainstorm oder auf dem nächsten Wacken-Open-Air bejubeln, wo garantiert ein paar mehr Zuschauer als am Tag dieses Interviews anwesend sein werden.
Anders als man vermuten könnte hatte der neue Geldgeber bei der Vermittlung der Dienste des bekannten Künstlers Niklas Sundin (Dark Tranquillity) seine Hände nicht im Spiel, denn die Band meldete sich schon weit vor Vertragsunterzeichnung bei jener Szeneikone per E-Mail und forderte ein paar Entwürfe an, die genau den Geschmack der sechs Herren traf. "Das Resultat seiner Arbeit überzeugt uns total, da es komplett mit unserer Vision übereinstimmte. Wir stehen eben auf abstrakte, melancholische, leicht verträumte Motive, die im Endeffekt nicht unbedingt typisch für unser Musikgenre sind", klärt uns der Abgeordnete von Mercenary auf.
Bei den ganzen Zukunftsplänen verzeiht man dem Herrn mit der "Jägermeister"-Mütze auch gerne, dass er zwischen Aalen und dem Summerbreeze Open Air, wo die Band 2004 ihren Einstand gegeben hatte, so spontan keinen direkten Zusammenhang herstellen konnte. "Wir wurden sowieso erst am Dienstag vor dem Festival gefragt, ob wir dort auftreten wollten", gab er grinsend zu Protokoll und fuhr mit weiteren Ausführungen über diesen Spontan-Trip fort: "Also packten wir kurz nach der Produktion unserers neuesten Langeisens unsere Sachen, rasten wie die Gestörten nach Abtsgmünd und trafen dort genau eine Stunde vor unserem Soundcheck ein." Wer jetzt denkt, dass die Jungs dort erstmal die Kuh fliegen ließen, irrt gewaltig, denn gleich nach dem Festivalabstecher musste man schon wieder Richtung Dänemark aufbrechen, da am Tag darauf in der Heimatstadt von Basser Kral und Co. die 11 Dreams-Releaseparty anstand. "Wenn ich richtig zusammenzähle hatten wir in diesen Tagen genau sieben Stunden Schlaf", rechnet uns Jakob vor. Als wir das Ganze als Tribut an den Rock N`Roll titulierten, sorgte dies natürlich für allgemeine Heiterkeit im Backstageraum des Rock-It`s.
Wo wir gerade beim Schlafen sind - bei momentan so viel Lob von allen Seiten werden die Mannen von Mercenary in Zukunft sicherlich etwas beruhigter nächtigen können und auch wir können die nächste Zeit noch ohne Sorgen die wohlverdiente "Mütze Schlaf" genießen, da uns hoch und heilig von unserem Interviewpartner versprochen wurde, dass das Ziel "Weltherrschaft" erst am Ende des geheimen Mercenary-Masterplans steht. Was für ein Glück!
Manuel Liebler & Mario Karl
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