Evergrey, Mercenary & Scenes beim Rock-It Aalen
Da es dieses geniale Package nur sage und schreibe zwei Mal in diesem Jahr bei uns zu sehen gab, zog die MAS-Karawane für dieses Ereignis diesmal extra bis ins Summer-Breeze-Land und hatte somit die Ehre im kultigen "Rock-It" das MAS-Review-Debüt in dieser Location zu geben. Der bereits erwähnte Ort des Geschehens glich ohne Zweifel eher einer zünftigen Metalkneipe, statt einer Veranstaltungshalle und dementsprechend heimisch fühlte sich auch der an diesem Abend "nicht-motorisierte"-Teil unserer Abgesandten, die diesen kleinen Vorteil gnadenlos ausnutzten.
Spätestens als die erste Band des Billings ihre Instrumente einstöpselte, ging es auch unseren geliebten "Chauffeuren" wieder blendend, denn Scenes aus Ludwigsburg ergänzte den Sound der zwei nachfolgenden Acts wie ein fehlendes Puzzleteilchen und konnte sich mit ihrem progressiven (Hard-)Rock in wohl so manches Langzeitgedächtnis der ca. 150 anwesenden Zuschauer spielen. Kein Wunder, denn Dream Theater-ähnlichen Progmetal abgeschmeckt mit eingängigen Hardrock-Einflüssen kann einfach niemand wirklich schlecht finden und schon gar nicht die vorhandene Zielgruppe im Aalener Rock-It, die sozusagen den Nährboden für die musikalische Saat des Openers bildete. Neben den gelungenen Songs des Quintetts, beeindruckten vor allem die technischen Fähigkeiten der Musiker, denn Ex-Powergod-Frontmann Alex Koch sang absolut bundesligareif und auch die Instrumentalfraktion um Bandgründer Chris Lorey wusste durch ihr technisch hochwertiges, und dennoch tightes Spiel zu überzeugen. Einzig in Sachen Stageacting, könnte man mit etwas bösen Willen ironischerweise den Namen der Jungs als Referenz hernehmen, denn das Wort "Scenes", soll die Bilder bzw. Szenen beschreiben, die man sieht, wenn man unter Musikeinfluss die Äuglein schließt und letzteres hätte man bei der etwas müden Bühnenperformance der Schwaben auch ruhig geschlossen halten können, ohne irgendetwas essentielles zu verpassen. Trotz dieses kleinen Makels sehe ich die Zukunft für die Jungs ziemlich rosarot, denn an der Bühnenpräsens kann man sicherlich noch feilen und auch die Tatsache das einst "Deutschland sucht den Superstar"-Finalteilnehmer Nektarios Bamiatzki(!) bei Scenes das Mikro schwang, wird sich wohl nicht negativ auf den Werdegang der Band auswirken. Macht es einfach wie das Publikum an jenem Abend und nagelt den Namen dieser Truppe mal in euren Hirnwindungen fest, denn ihr werdet sicherlich noch einiges von ihnen hören. (ML)
Nach dem lockeren Interview mit Gitarrist Jakob Mølbjerg folgten nun wesentlich aufwühlendere 45 Minuten mit den dänischen Hopefuls Mercenary. Nach dem kurzen Synthie-Intro wurde man regelrecht vom Opener "World Hate Center" überrollt. Der Sechser war trotz der (noch) nicht allzu zahlreichen Massen vor der Bühne bis in die Haarspitzen motiviert. Besonders Frontmann Mikkel Sandager sang sich mit zunehmender Zeit förmlich in Extase und drohte beim Psycho-Song "Sharpen The Edges" beinahe zu explodieren. Selten einen dermaßen emotionalen Sänger gesehen, der dazu noch einen solchen Stimmumfang besitzt (ihr Dickinsons und Danes dieser Welt, nehmt euch in acht!). Aber auch die restlichen Bandmitglieder mussten sich keineswegs verstecken. Drummer Mike (der nebenbei noch Background-Chöre beisteuerte) und Lead-Gitarrist Martin Buus überzeugten besonders mit ihrem Spiel. Mercenary schienen dem schwäbischen Publikum nicht allzu vertraut zu sein. Es ließ sich aber doch recht schnell von den mit starken Riffs und dem Wechselgesang von Mikkel und Bassist Kral durchtränkten Songs mitreißen. Kein Wunder, sind doch besonders das überlange "Firesoul" und der Titeltrack des aktuellen und bärenstarken Langdrehers 11 Dreams Ohrwürmer ersten Kalibers. Den Abschluss des Sets bildete der Band-Hit "Seize The Night" (vom 11 Dreams-Vorgänger Everblack) mit furiosem Fingerverknotungs-Gitarrensolo am Schluss. Nachdem auch der Mann hinter dem Mischpult heute einen guten Sound aus der Anlage des Rock-It gezaubert hatte (nicht immer selbstverständlich hier!), kann man absolut von einer gelungenen Vorstellung sprechen. Das sah das Publikum genauso und einige verlangten sogar nach einer Zugabe. Man sollte die Band auf jeden Fall in Zukunft im Auge behalten. In unseren Breitengraden sind Mercenary als nächstes auf Tour mit BRAINSTORM im April/Mai zu sehen. Also nicht verpassen, ihr werdet es nicht bereuen. (MK)
Nach dem furiosen Mercenary-Gig stellte sich natürlich schon die Frage, ob der Headliner des heutigen Abends diese Energieexplosionen toppen könnte, doch schon nach dem kurzen Intro gab die Evergrey mit ihrem Opener "(Believing) More Than Ever" sinnbildlicherweise die passende Antwort auf diese Zweifel. Die momentane Verfassung der Schweden schien wirklich besser als je zuvor zu sein und für Mastermind Tom Englund und seine Mannen war es ein leichtes, selbst unter diesen relativ schlechten Vorraussetzungen (Mini-Bühne auf der das Evergrey-Logo kaum Platz fand und bescheidene Zuschaueranzahl) mit ihrer kaum partykompatiblen Musik mächtig Stimmung in den Laden zu bringen. Neben der hervorragenden Leistung seiner Band, hatte vor allem der gutgelaunte Frontmann Tom Englund einen respektablen Anteil an den überschwenglichen Publikumsreaktionen, da er mit seinem trockenen Humor fleißig Sympathiepunkte sammelte und es dem Kollektiv so nicht schwerfiel die anwesenden Meute auf ihre Seite zu ziehen. Als es zum Beispiel ein Evergrey-Fan nicht unterlassen konnte ständig den am heutigen Abend nicht vorhergesehenen Recreation Day-Gassenhauer "The Great Deceiver" zu fordern, spielte Englund, der nachher behauptete seine Finger wären dafür angeblich zu fett geworden, das Anfangsriff dieses Songs, absichtlich so dermaßen krumm an, dass sich der gute Mensch diesen Song wohl nie wieder wünschen würde. Apropos Recreation Day, die Setlist des heutigen Abend stammte ganz im Gegensatz zum Summer-Breeze-Festival nicht hauptsächlich aus diesem Album, sondern war richtig gut gemischt und so konnte man auch wieder etwas ältere Perlen wie "Nosferatu", "Blackened Dawn" oder "Solitude Within" genießen. Die vorläufigen Höhepunkte des regulären Programms stellten mit "As I Lie Here Bleeding" und "Recreation Day" jedoch ein paar Nummern aus bereits genannten Album dar, doch was da noch folgen sollte, ließ vorangegangene Glanzstücke mit Leichtigkeit in der Kategorie "Und ferner liefen" verschwinden, denn für den Zugabenblock hatten sich die Herren aus dem IKEA-Land etwas Besonderes ausgedacht. Dieser startete mit dem komplett(!) ausgespielten "The Inner Circle"-Instrumentals "When The Walls Go Down" (inklusive der gesampelten Stimme der Hauptperson dieses Konzeptalbums), fand seinen Höhepunkt in dem MTV-erprobten Ohrwurm "A Touch Of Blessing" und endete furios mit dem Mitsingkompatiblen Klassiker "The Masterplan", bevor "As I Lie Here Bleeding" aus der Konserve die Gemüter wieder beruhigte. Während die Fans unter Begleitung dieser schönen Klänge so langsam aus dem Rock-It wanderten, machte die Band ihre Ankündigung war und ging endlich ihrer wichtigsten Beschäftigung auf dieser Tour nach - Biertrinken! "Prost! Ihr habt es euch heute wirklich verdient!", kann man da nur sagen! Was für ein gelungenes Konzert! (ML)
Für euch rockten in Aalen: Nadine Jost (Fotos), Mario Karl (Berichte und Fotos), Manuel Liebler (Berichte) und Frank Halbig (Becks Gold-Vernichter)
Manuel Liebler & Mario Karl
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