I Think – Therefore I Am Malkovich
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Gesprächspartner: Thomas (Malkovich)
Zeit: 24.11.2004
Ort: Ancienne Belgique, Brüssel
Interview: Face 2 Face
Stil: New School Hardcore
Internet: http://www.iammalkovich.com
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Malkovich steht überzeugend für die Tendenz herkömmliche Rock-Elemente mit New School Hardcore zu vermischen, das Ganze mit einen kräftigen Tritt in den Hintern zu versehen und es dann mit aller Leidenschaft rauszuhauen. Das klingt dann ein bisschen wie Mínus ohne Stoner-Einflüsse. Und weil Malkovich so richtig rocken hat man die Jungs und das Mädel aus Holland auch gleich mal ins Vorprogramm für die Dillinger Escape Plan Show in Brüssel gesteckt. Der sympathische Gitarrist Thomas hatte danach Zeit für ein paar Fragen.
MAS: Wie habt ihr die Show eben empfunden?
Thomas: Es hat Spaß gemacht. Da waren so viele Leute. Es war die größte Show, die wir bisher gemacht haben. Und die meisten Leute waren auch am Schluss noch da, das war super. Unser Set war zwar eher bescheiden, aber wenn ein Verstärker kaputt geht und eine Snare reißt ist das auch nicht unbedingt das, auf was du hoffst. Wir haben aber das Beste gegeben und gerockt.
MAS: Das hat mich auch überrascht. Ich hatte eher damit gerechnet, dass viele Leute, die wegen Dillinger Escape Plan da sind mit eurer Musik vielleicht nicht so viel anfangen können.
Thomas: Das stimmt. Wenn ich aber eine Band sehe und sie technische Probleme hat, macht mir das auch nichts, solange sie rocken. Vielleicht hat das der Großteil vom Publikum heute bei uns ähnlich betrachtet.
MAS: Ist es für euch eine Ehre vor Dillinger Escape Plan zu spielen?
Thomas: Klar! Wie gesagt ist es unsere größte Show bisher. Wir sind seit vier Jahren unterwegs und haben größere Sachen nur mit Give Up The Ghost gespielt, jetzt diese Chance zu haben und vor so einer wahnsinnigen Band zu spielen, ist schon eine große Ehre.
MAS: Als dein Verstärker kaputt ging hat der andere Gitarrist „Hunted By A Freak“ von Mogwai gespielt. Das hat mich überrascht. Steht ihr auf die?
Thomas: Vor allem wir beiden Gitarristen sind große Mogwai-Fans. Beim Rest der Band bin ich mir nicht sicher. Wenn man aber eine Band nennt, wird man bestimmt immer einen in unserer Band finden, der sie gut findet. Wir haben sehr unterschiedliche Geschmäcker. Mogwai ist eine sehr gute Band, eine großartige Live-Band. Aber ganz anders wie Malkovich.
MAS: Dieses Jahr wart ihr auch mit Modern Live Is War unterwegs. Wie war das?
Thomas: Geil! Die Jungs sind der Hammer. Ich glaube nicht, dass man eine Band finden könnte, mit der wir besser zusammenpassen würden. Wir haben das richtig genossen. Das wollen wir auf jeden Fall wieder machen. Nur mit denen rumzuhängen ist es schon wert. Selbst wenn die Shows scheiße wären, würde es trotzdem Spaß machen. Ihnen geht es wohl genauso. Es ist einfach eine große Familie.
MAS: Bei Malkovich scheint Design eine sehr wichtige Rolle zu spielen: eure Homepage, Shirts, Cover, … Macht ihr das selbst?
Thomas (mit einem stolzem Lächeln): Ja, das mache ich. Für mich ist die Präsentation einer Band sehr wichtig. Die visuelle Komponente wird oft unterschätzt. Das ist wie wenn du ein gutaussehendes Mädchen siehst und deshalb dein Interesse geweckt wird, selbst wenn die Person scheiße ist. Mit Platten ist es das dasselbe. Mit dem Merchandise ist es auch so. Viele Leute mögen unsere Shirts auch nur wegen dem Design, selbst wenn sie die Musik gar nicht so toll finden.
MAS: Eure Texte handeln viel von Apathie, Zeitdiktatur und ähnlichem. Was würde passieren, wenn jeder sein Leben in die Hand nehmen würde?
Thomas: Sehr schweres Thema. Ich hab keine Ahnung wie die Welt aussehen würde, wenn jeder nur machen würde, was er wollte. Das würde vielleicht nicht funktionieren. Ich beobachte diese Apathie aber auch in meinem engsten Freundeskreis. Die arbeiten den ganzen Tag, schauen dann Fernsehen, essen ein bisschen was, schlafen und gehen morgens wieder arbeiten. Das tut weh, wenn man jemand so leben sieht. Mir ging das auch schon so. Zwei Jahre lang hatte ich einen sehr gutbezahlten Job. Alles war super und ich konnte mir kaufen, was ich wollte, aber das ist eben nicht alles. Es gibt mehr im Leben. Klar kann nicht jeder in einer Band sein und ich habe auch nicht die Lösung zu den Problemen, aber ich beobachte einfach was passiert.
MAS: Langweilt es dich manchmal immer wieder das gleiche gefragt zu werden?
Thomas: Hmm, das ist ja erst seit zwei Monaten, dass wir viele Interviews bekommen. Es gibt auch nur drei Fragen, die ich nicht mag. Das sind die Bandhistory, wer wo vorher gespielt hat usw., den Bandnamen und die Songtitel. Am meisten hasse ich das mit den Nummern als Songtitel, das ist uns einfach nicht so wichtig.
MAS: Auf eurem Bandphoto posiert ihr in Trainingsanzügen in einem Caravan? Wer hatte denn diese Idee? Ich musst das von eurem Poster wegschneiden bevor ich es guten Gewissens in mein Zimmer hängen konnte.
Thomas: Die Idee kam von der Photographin. Wir haben ihr nur gesagt, dass wir nicht dieses typische, coole Bandphoto wollen. Dieses Tough-Guy-Zeug ist nicht Malkovich. Wir fanden die Idee dann ziemlich witzig.
MAS: Was meinst du dazu, dass Hardcore sich immer mehr in diese Tough-Guy-Richtung entwickelt?
Thomas: In Holland sind wir da schon wieder raus. Ich weiß nicht wie das in Deutschland ist, ihr habt ja die ganzen Metalcore-Bands wie Maroon oder Heaven Shall Burn. Keine Ahnung, ob sie wirklich so harte Jungs sind, aber sie klingen zumindest so. In Holland ist das aber gar nicht so angesagt. Als wir letztens in Bochum gespielt haben, war eine Woche zuvor die Caliban-Album-Release-Party mit über 1000 Besuchern. In Berlin war einen Tag bevor wir dort waren im SO36 auch eine große Show mit Most Precious Blood, Heaven Shall Burn, Maroon, … Da waren auch über 1000 Leute. In Holland könnte man sich das nicht vorstellen. 300 oder 400 Leute sind da für ein Konzert schon sehr viel. Ich finde es aber okay, wenn es unterschiedliche Stile gibt. Besser als wenn jeder nur das gleiche hören würde. Wir zum Beispiel sprechen in Holland auch Leute außerhalb der Hardcore-Szene an. Solange wir auch nicht gerade mit fünf Tough-Guy-Band an einem Abend zusammenspielen müssen, passt das schon.
MAS: Ihr habt auch traditionelle Rock-Einflüsse. Wie war eure musikalische Sozialisation?
Thomas: Am Anfang hat unser Drummer eigentlich alle Songs geschrieben. Ich hab keine Ahnung, von wo er seine Einflüsse hatte, denn die Bands, mit denen wir immer verglichen werden wie JR Ewing oder Converge, hört er gar nicht. Er steht mehr auf Death Metal. Erst später haben dann wir Gitarristen mehr das Songwriting übernommen. Wir hören selbst auch gar nicht so viel New School Hardcore wie man meinen könnte. Meine Lieblingsband zum Beispiel sind die Strokes. Das klingt so weit weg von Malkovich, aber ich finde, dass sie perfekte Songs schreiben. Das möchte ich mit Malkovich auch schaffen, auch wenn wir ganz anders klingen. Für eine Band ist es sehr wichtig offen zu sein und alle Musikrichtungen wahrzunehmen. Wenn vier Youth-Crew-Hardcore-Kids eine Band starten weißt du schon vorher, wie sie klingen werden. Das mag gut sein, aber in fünf Jahren ist das dann auch wieder vorbei und kein Mensch interessiert sich mehr dafür.
Kevin Kirchenbauer
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