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Reviews

Grant Langston

Road Side Service


Info

Musikrichtung: Country - Singer/Songwriter

VÖ: 20.01.2004

(MSG Records)

Internet:

http://www.grantlangston.com

Das Cover gönnt uns den Blick über das nüchterne Armaturenbrett durch die Frontscheibe eines alten Chevy Bel Air auf ein paar Sträucher und das Meer. Nüchtern! Die Rückseite bietet den Blick auf den Schalthebelknauf selbigen Automobils. Noch nüchterner! Und als mit nach Öffnen des Covers auch noch ein geistesabwesend sinnierender Grant Langston begegnet, gehe ich davon aus, ein nicht gerade gute-Laune-förderndes Album erwischt zu haben. Trotzdem geht nicht über einen ersten Hörversuch.

Ist es eine Garagenproduktion, oder weshalb beginnt der erste Titel "Junkie" mit der Lautstärke und Qualität einer Schellackplatte? Schon hat sich die Frage erledigt, denn nach 20 Sekunden dringen Gitarren und Drums in handelsüblicher Machart ans Ohr. Die Stilart des Titels (und wie sich später herausstellt: des gesamten Albums) ist schwer zu beschreiben. Es ist eine Art straighter Rock mit Singer/Songwriter-Prägung, die durch die teilweise klagende Stimme von Grant Langston erreicht wird. Aber durchaus ein interessanter Titel - vielleicht gerade weil er nicht so einfach einzuordnen ist. Das Interesse für den Rest des Albums ist geweckt. "Over the hill" zeigt bereits durch die zurückhaltende Background-Bestückung, dass der Schwerpunkt des Songs auf dem Text liegen soll. Daher liefern die Gitarren auch nicht mehr als die Akkordvorgabe für den Sänger.

"Him or me" stellt die Partnerin des Sängers vor die Alternative Er oder ich? , wird dabei aber nicht zimperlich vorgetragen, sondern mit einem gut abgehenden Country-Twostep-Rhythmus. Langston gesteht dabei schlechte Zeiten ein inklusive der Spinnweben am Bett, vorgetragen mit viel Ironie und Augenzwinkern. Ein Song, der absolut gute Laune erzeugt und zum Mitswingen einlädt. Folkeinflüsse kommen auf, wenn bei "My wandering ways" eine im Stil von Bob Dylan gespielte Harmonica das Intro bläst. Der Rhythmus ist dezenter und wird punktierter umgesetzt. Was James Brown mit dem nach ihm benannten Titel zu tun hat, bleibt mir rätselhaft, denn die Geschichte dreht sich um Langston´s Tod und das Geschehen danach. Die Textzeile "They don´t shake it and get down like James Brown" mag einen Anhaltspunkt geben, der Rest ist wohl künstlerische Freiheit. Entsprechend ist der Song ruhig gehalten (wer rockt schon über seinen eigenen Tod?).

Es gibt Orte, die man mag, und es gibt Orte, die man nicht mag! Der in Lied # 6 besungene Ort scheint nicht zu Grant Langston´s Lieblingsorten zu zählen, denen er ist der festen Ansicht "This town stinks" und zählt alles auf, was ihm an diesem Ort auf den bekannten "Zeiger" geht. Es gibt verschiedene Arten, seiner Missbilligung Ausdruck zu verleihen, doch hier wird Tacheles geredet bzw. gesungen, dass sich auch bereits in der Aussprache des Wortes "stinks" widerspiegelt. Da scheint ihm wirklich einiges gestunken zu haben, ganz besonders, da dieser Titel - wie auch alle anderen (bis auf eine Ausnahme) - aus der Feder Grant Langston´s stammt. Sprechgesang, unterstützt von nicht viel mehr als einen Drumset, bildet das Gerüst von "The story of me", wo er die Geschichte seiner Mutter und ihrer flüchtigen Bekanntschaft mit seinem Vater erzählt, geprägt von Dreck und Kriminalität. Nach drei Titeln mit negativen Botschaften (seinem Tod, der "stinkenden" Stadt und diesem Song) wartet man schon wieder auf eine positivere Botschaft. Doch gerade der Ausdruck negativer Gefühle und Botschaften ist ja eigentlich das Schwierige an der Musik, denn Gute-Laune-Musik ist bedeutend einfacher zu produzieren. Grant Langston beherrscht aber auch die dunkle Seite absolut authentisch. Doch auch Balladen werden mit der erforderlichen Sanftheit interpretiert. "Crazy fireworks" ist ein sehr gefühlvoller Song, dessen Text jedoch - wie viele andere Texte dieses Albums - nicht einfach zu verstehen ist. Vieles steht zwischen den Zeilen bzw. muss umgedeutet werden.

Titel # 9 stammt als einziger nicht aus der Feder des Sängers, sondern wurde von Brian May, seines Zeichens Gitarrist bei Queen, geschrieben. "Fat bottom girls" ist das Loblied auf die ausladend geformten Damen, die den bösen Jungen in ihm wecken. Gekleidet in einen Country-Folk-Mix erzeugt der Song, die gute Laune, auf die man schon seit einigen Titeln wartet. Die Erde hat ihn wieder! Und wo wir schon gerade bei der holden Weiblichkeit sind, wird Mr. Langston konkreter und erzählt, wie er in der Schule die Vorzüge der schüchternen Carolyn Garner erkannte, die von allen verkannt wurde. Im 6/8-Rhythmus wird hier eine nette Teenage-Love-Story erzählt. Richtig nennt umgesetzt, ohne Kurven und Umwege! "Long legs, great lips & baby blue eyes" deutet an, dass man wohl noch in der Abteilung "Frauen und andere Weltwunder" verbleibt. Erzählt wird, dass er immer nur auf Frauen stand, die über die aufgezählten Attribute verfügten, also lange Beine, große Lippen und blaue Augen. Nach vielen schlechten Erfahrungen mit diesen Damen sucht er jetzt eine Lady, die nett zu ihm ist. Tja, beim einen dauert es halt etwas länger, bis die wichtigen Faktoren erkannt werden. Musikalisch kommt bei diesem Titel eine weitere Variante zu Gehör, und zwar eine sehr harmonische Melodie, mit Akustikgitarren schön abgerundet, die aus dem Repertoire der Eagles stammen könnte. In derselben Art beginnt der letzte Titel des Albums "Secret Reflections", startet dann aber mit seinem Shuffle-Rhythmus durch und bildet einen poppig-runden Abschluss.

Fazit:

Grant Langston´s Album Road Side Service ist stilistisch so wenig festzunageln wie der berühmte Pudding an die Wand. Einmal bekommt man Dreck und Elend präsentiert, ein anderes Mal Schul-Romantik, und beim nächsten Mal eine absolute Weichspüler-Ballade. Doch alles kommt aus einer Hand, denn (so gut wie) alles wurde komponiert und getextet vom Sänger höchstpersönlich, der aufgrund seiner Vielseitigkeit gelegentlich irritierend ist. Ist es nun Folk, ist es Country, ist es Pop, ist es Singer/Songwriter? Es ist von allem etwas enthalten, und gerade das macht diese CD z.B. zu einem guten Mitfahrer auf Autobahnen, denn jeder neue Titel erweckt wieder die Aufmerksamkeit und niemals wird es langweilig.

In einer Zeit der geglätteten Pop-Songs ist dies Album ein Ausbruch, allein schon durch die Texte, die keine Phrasen beinhalten, sondern richtig in die Tiefe gehen und dem Hörer nicht alles vorkauen, sondern Raum für Interpretationen und Gedankenspiele lassen. Aus diesem Grunde ist der Komplettabdruck der Texte dankenswerterweise beigefügt. Grant Langston ist ein Interpret mit Ecken und Kanten, der in fast allen Musikvariationen zu Hause zu sein scheint. Ob er sich auf internationalem Terrain durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. Die Ehrlichkeit seines Albums ist auf alle Fälle lobenswert.



Lothar Heising

Trackliste

1. Junkie
2. Over the hill
3. Him or me
4. My wandering ways
5. James Brown
6. This town stinks
7. The story of me
8. Crazy fireworks
9. Fat bottom girls
10. Carolyn Garner
11. Long legs, great lips and babyblue eyes
12. Secret rendezvous
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So bewerten wir:

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06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
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