Reviews
Ich hoffete aufs Licht - Trauermusik für Karl VII.
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 21.2.2011 (cpo / jpc / CD / DDD / 2010 / Best. Nr. 777 603-2) Gesamtspielzeit: 62:53 Internet: La Stagione Frankfurt |
DIE ANGST VOR DEM CHAOS
Es ist ein erstaunliches Spiegelbild aktueller Ereignisse - ein Alleinherrscher tritt ab und es folgt die Angst vor Chaos, Krieg und Streit im Land. So ist es heute und so war es damals, als Karl VII. 1745 nur drei Jahre nach seiner Krönung zum deutschen Kaiser in München starb. Zu jener Zeit befanden sich Preußen und Österreich im Krieg und die dem Kaiser direkt unterstehende Freie Hansestadt Hamburg musste fürchten, in die Kämpfe verwickelt zu werden. Von dieser Furcht und der Unsicherheit um die Nachfolge auf dem Kaiserthorn kündet Telemanns Trauermusik für Karl VII., die am 14. März 1745 parallel in allen fünf Hamburger Hauptkirchen zur Aufführung gelangte. Bei aller staatstragenden Funktion ist das Werk daher von recht persönlichem Ausdruck geprägt. Ängstliches Flehen um Frieden paart sich mit dem Bedauern über den frühen Tod des Herrschers. In den Arien tritt dies durch zahlreiche harmonische Reibungen, eingestreute Pausen und Seufzerfiguren hervor. Die gestopften Trompeten und die Pauken gelangen als Instrumente mit repräsentativer Funktion nur selten zum Einsatz. Obschon sich die Komposition sich einreiht in die Funktionsmusiken, die Telemann dutzend-, ja hundertfach zu allen denkbaren feierlichen Anlässen in Hamburg zu liefern hatte, ist sie doch von besonderer Größe. Ergreifend etwa die rhetorische Gestaltung der Arie mit Chor zum Ende des ersten Teils "Lasst uns klagen, lasst uns sagen".
Der Telemann-Spezialist Michael Schneider sorgt einmal mehr für eine authentische, ausgewogene Wiedergabe, die eine feierliche und dennoch dramatische Atmosphäre ausstrahlt. La Stagione Frankfurt musiziert dabei schlank und beweglich. Die Singstimmen sind je zweifach besetzt, was gleichermaßen angemessen wie ausreichend ist. Unter den Vokalisten ragen der russische Altus Dmitry Egorov mit einer viril timbrierten, in der Höhe dennoch erstaunlich lichten und beweglichen Stimme, sowie der Bass Nils Cooper durch engagierten, kraftvollen Vortrag heraus.
Sven Kerkhoff
Trackliste
Besetzung
Dmitry Egorov: Altus
Ulrike Andersen: Alt
Georg Poplutz, Benjamin Kirchner: Tenor
Nils Cooper, Stephan Schreckenberger: Bass
La Stagione Frankfurt
Michael Schneider: Ltg.
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |