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Klaviertrios Nr. 1-3
Info
Musikrichtung:
Kammermusik
VÖ: 05.03.2004 Virgin Classics / EMI (2 CD DDD (AD: 2003) / Best. Nr. 7243 5 45653 2 8) Gesamtspielzeit: 90:31 Internet: Virgin Classics |
NORDDEUTSCH-KLASSISCH
Die Kammermusik nimmt im Schaffen von Johannes Brahms (1833-1897) einen breiten Raum ein. Zeitlebens hat er sich offenkundig in den intimen Strukturen der kleinen Besetzung, in den damit verbundenen experimentellen Möglichkeiten wohler gefühlt, als in der großen Form. Die bei Virgin Classics erschienene Doppel-CD zeigt anhand der drei Klaviertrios, wie Brahms dabei über die Jahrzehnte hinweg zu einem immer deutlicher konturierten eigenen Stil fand, der zwar seine Ursprünge im strengen Satz und der Sonate nicht verleugnet, aber doch zugleich die Mittel der Romantik geschickt darin einbindet und fortspinnt. Die Stücke sind durchweg hoch komplex, manchmal von geradezu symphonischer Dichte, bieten aber durch die konsequente Arbeit am Thema, durch volksliedhafte Einsprengsel und rhythmische Finessen dem Hörer dennoch einen leichten Zugang.
Im ersten Trio, jenem in H-Dur (op. 8), zeigt sich noch ein gewisses unsicheres Suchen des Komponisten nach einem persönlichen Ausdruck, jedoch mit weit vorausweisenden Elementen. Nicholas Angelich und die Brüder Capuçon betonen den das Stück auszeichnenden kraftvollen und für Brahms Verhältnisse auffallend optimistischen Grundcharakter. Alle drei agieren dabei souverän aufeinander eingestimmt, wenngleich hier, wie auch später, der Pianist sich bisweilen (aufnahmetechnisch begünstigt) in den Vordergrund spielt. Wie bei den gleichermaßen erfolgreichen, wie trotz der jungen Jahre auch schon reichlich erfahrenen Künstlern nicht anders zu erwarten, ist ihre Darbietung technisch perfekt, entschlossen und absolut rein in der Tongebung. Die Gesamtkonstruktion der Werke wird mit hörbarer Begeisterung und Spielfreude sensibel aufgenommen und umgesetzt.
Erst 25 Jahre später entstand Brahms zweites Stück für diese Besetzung, das Klaviertrio C-Dur op.87. Seine überbordende Fülle thematischer Einfälle und wechselvoller Stimmungen gestalten die Mitwirkenden differenziert und mit viel Liebe zum Detail. Dabei erscheint ihre Interpretation zumeist eher unsentimental und norddeutsch streng, als romantisch. Dennoch kommen die lyrischen, geheimnisvollen Passagen noch voll zu ihrem Recht.
Dieser Eindruck setzt sich beim Trio c-moll (op. 101) fort, wobei jene Strenge mehr Nicholas Angelich zuzuschreiben ist, während Renaud und Gautier Capuçon sich bisweilen auch für einen schwelgerischen, aber stets vibratoarmen Ton entscheiden. Die Balance der Interpretation gerät dennoch zu keiner Zeit in Gefahr.
Insgesamt ist eine - auch klanglich - überzeugende Einspielung entstanden, die belegt, dass Brahms´ anspruchsvolle Kammermusik beim künstlerischen Nachwuchs durchaus in den allerbesten und kundigsten Händen ist.
Sven Kerkhoff
Trackliste
1-4 Klaviertrio Nr. 1 in H-Dur, op. 8
5-8 Klaviertrio Nr. 2 in C-Dur, op. 87
CD II
1-4 Klaviertrio Nr. 3 c-moll, op. 101
Besetzung
Renaud Capuçon, Violine
Gautier Capuçon, Cello
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |