Reviews
Oboenkonzerte
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 1.10.2010 (Challenge Records / SunnyMoon / SACD hybrid / 2010 / Best. Nr. CC72389) Gesamtspielzeit: 54:38 Internet: Pauline Oostenrijk |
OBOENMÄDCHEN
Im Booklettext philosophiert die Solistin Pauline Oostenrijk über die Tradition der Oboe spielenden jungen Frauen, die sie selbst "Oboenmädchen" nennt, was zumindest in der Übersetzung (und wegen der Ähnlichkeit zu den jüngst zuletzt vielbeschworenen "Kopftuchmädchen") irgendwie despektierlich klingt. Oostenrijk selbst jedenfalls setzt die Traditionslinie mit diesem Album fort und es ist ja auch historisch ganz unzweifelhaft richtig, dass Vivaldis Concerti am Ospedale in Venedig von den dort versorgten und erzogenen Waisenmädchen zu Gehör gebracht wurden. Für die Interpretation ist diese Erkenntnis allerdings nur von geringem Nutzwert und beachtlicher wäre da vielleicht die Einsicht, dass die "Oboenmädchen" des 18. Jahrhunderts ihrem Publikum wohl kaum sechs Oboenkonzerte hintereinander präsentiert haben dürften. Denn so falsch Strawinskys Bonmot, Vivaldi habe dasselbe Konzert sechshundertmal hintereinander komponiert, auch sein mag, so deutlich zeigt es doch eine Schwierigkeit dieser Musik auf, nämlich ihre stets gleiche, recht berechenbare Grundstruktur. Vivaldi hat dies durch melodischen Erfindungsreichtum und den Gebrauch eines breiten Spektrums an Instrumentalfarben abgefangen. Des letzteren beraubt man sich naturgemäß auf CDs, die ausschließlich Mandolinen-, Fagott- oder eben Oboenkonzerte präsentieren.
Ist man beim ersten Konzert noch begeistert ob der Frische und Anmut der Musik, so stellen sich dann spätestens beim dritten Konzert in Reihe erste Ermüdungserscheinungen ein. Hierzu trägt in diesem Fall unweigerlich bei, dass Oostenrijk zwar sehr geläufig und leicht spielt, dabei aber dazu neigt, alle Übergänge glatt zu ziehen, die Läufe bruchlos ineinander fließen zu lassen und damit einen sehr gefälligen, aber wenig rhetorischen Ansatz zu wählen. Dies steht übrigens im Kontrast zum genau gegensätzlich angelegten Spiel der Baroque Academy of The Netherlands Symphony Orchestra, die mehr den gegenwärtig en vogue befindlichen Vivaldi-Sound pflegt, bei dem auch einmal etwas beherzter zugegriffen wird. Aus einem Guß ist diese Interpretation aufgrund jenes Gegensatzes also nicht. Darüber vermag die perfekte Tonqualität und die hochwertige Aufmachung nicht hinwegzutäuschen.
Sven Kerkhoff
Trackliste
4-6 Concerto C-Dur RV 450
7-9 Concerto a-moll RV 461
10-12 Concerto d-moll per Archi e Cembalo RV 127
13-15 Concerto F-Dur RV 457
16-18 Concerto d-moll RV 454
19-21 Concerto D-Dur RV 455
Besetzung
Baroque Academy of The Netherlands Symphony Orchestra
Jan Willem de Vriend: Ltg.
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |