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Endechar. Sephardische Romanzen und Lieder
Info
Musikrichtung:
Mittelalter Ensemble
VÖ: 01.06.2010 (Naxos / Naxos CD / DDD / 2009 / Best. Nr. 8.572443) Gesamtspielzeit: 57:31 |
OHNE MYSTISCHES RAUNEN
Die Capilla Antigua de Chinchilla widmet sich in dieser Einspielung der Musik der sephardischen Juden, die 1492 im Zuge der christlichen Rückeroberung des muslimischen Spanien zur Konversion oder ins Exil gezwungen wurden. Die unter den relativ toleranten muslimischen Herrschern in al-Andalus blühende jüdische Kultur hat auch in der Musik die unterschiedlichsten Einflüsse aus Orient und Okzident aufgenommen und in einer faszinierenden Mischung vereinigt. Nach dem erzwungenen Exil ist dieser Impuls geblieben - wohin die Flüchtlinge kamen, fusionierte die mitgebrachte mit der lokalen Tradition. Auf dieser CD versuchen die Interpret/innen, das ursprüngliche, auf der iberischen Halbinsel beheimatete Repertoire wiederzubeleben. Die ausdrucksvolle, oft getragen-melancholische Musik (das Libretto gibt es wie immer auf der Naxos-Homepage), wird sparsam von Instrumenten begleitet, wobei sich das Ensemble für eine Mischung aus christlichen und muslimischen Instrumenten entschieden hat, wie sie seinerzeit im südlichen Mittelmeerraum verbreitet und konfessionsübergreifend gebräuchlich waren. Neben der Harfe, Flöten und dem Psalterium (einem Hackbrett) finden sich unter anderem auch Rabel (ein zweisaitiges Streichinstrument), Oud (Kurzhalslaute), Bendir (Rahmentrommel), Darburka (eine Trommel mit kelchförmigem Resonanzkörper) oder Santur (ebenfalls eine Art Hackbrett aus dem persischen Raum). Worum es sich beim Pitcher (eine Flöte?) und Nackers genau handelt, konnte ich nicht herausfinden, leider verzichtet das Beiheft hier auf Erläuterungen.
Der Klang ist entsprechend archaisch und von dunkler Herbheit, allerdings im Ganzen weniger suggestiv und malerisch als z. B. von Hesperion XXI, das bereits 1999 eine Doppel-CD mit sephardischer Musik veröffentlicht hat (AliaVox). Dazu kommt bei den ruhigeren Stücken eine betonte Langsamkeit, die mitunter etwas Schleppendes hat. Wobei der Verzicht auf ein gewisses mystisches Raunen auch sein Positives hat. Diese Musik bedarf keiner Verklärung, um zu wirken. Die drei Singstimmen, ein Sopran (Luisa Maesso), ein Countertenor (Juan Francisco Sanz) und ein Bariton (José Ferrero), singen gewissermaßen geradlinig, ohne die von anderen Ensembles gepflegten orientalischen Manieren in der Stimmfarbe. So klingt die Musik eher westeuropäisch. Die Besetzung mit einem männlichen Altus ist historisch stimmig. Leider klingt die Stimme von Juan Francisco Sanz säuerlich und scharf; auch mangelt es dem Sänger an Intonationssicherheit (die Trauerklage Muerte que a todos convidas oder das Liebeslied Ven querida z. B. sind deshalb nur schwer erträglich).
Georg Henkel
Besetzung
José Ferrero: Gesang & Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |