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Reviews

Sturminger, Michael

The Infernal Comedy - Confessions of a serial killer


Info

Musikrichtung: Schauspiel / Wiener Klassik

VÖ: 5.8.2010

(Arthaus Musik / Naxos / DVD / live / 2009 / 503201)

Gesamtspielzeit: 145:00

DER TOD DAS MUSS EIN WIENER SEIN

- so dichtete einst Georg Kreisler und diese Produktion aus dem Ronacher Theater in Wien gibt ihm einmal mehr Recht. An welchem Ort sonst könnte man ein Theaterstück inszenieren, in dem ein Lust- und Serienmörder nonchalant aus seinem Leben plaudert, sekundiert von zwei Sängerinnen, die die Frauen im Leben des Mörders darstellen (Mutter, Geliebte, Opfer) und dabei ein Potpourri passender klassischer und barocker Arien darbieten.
Der Sache nach geht es um Jack Unterweger, jenen wegen Mordes verurteilten Mann, der im Gefängnis eine Karriere als Schriftsteller begann. In den Kreisen der Intellektuellen und der High Society galten seine Werke bald als schick, was nicht unmaßgeblich zu seiner vorzeitigen Entlassung beitrug. Unterweger tourte sodann mit Lesungen und Interview-Auftritten durch die ganze Welt. Bis auffiel, dass in der Nähe seiner Auftrittsorte immer wieder Prostituierte eines gewaltsamen Todes starben. Kurzum: gelungene Resozialisierung sieht anders aus und so wurde Unterweger erneut zu lebenslanger Haft verurteilt und nahm sich kurz darauf das Leben. Sich erneut aus dem Gefängnis „herauszuschreiben“ konnte er wohl auch kaum noch hoffen.

Michael Sturmingers Stück knüpft an die Idee des Mörders auf Vortragsreise an, wenngleich sich hier die Zeitachse verschiebt und Unterweger, hinter einem Tisch mit aufgestapelten Autobiographien sitzend, nunmehr auf sein gesamtes Leben zurückblickt. In John Malkovich wurde der perfekte Darsteller für diesen schillernden, perfiden, der Gesellschaft den Zerrspiegel vorhaltenden Charakter gefunden. Mit milder Verrücktheit spielt er die Rolle. Vieles wirkt wie improvisiert und daher authentisch. Die Figur lebt von einer Mischung aus psychischer Verkrüppelung, Verblendung, Selbstüberschätzung und Verachtung der Umwelt.
Das wäre an sich nicht neu und eher einer Hollywood-Verfilmung würdig. Wäre da nicht die musikalische Beigabe. Unterstützt vom live aufspielenden Orchester (die Wiener Akademie unter der Leitung von Martin Haselböck als kundiger, hellwacher Sachwalter der Musik) singen Laura Aikin und Aleksandra Zamojska zwischendurch Arien von Händel, Mozart, Boccherini, Haydn und Beethoven. Dabei soll sich der Textgehalt der Situation jener Frauenfigur annähern, welcher Unterweger in seinem selbst erzählten Lebensrückblick gerade begegnet. Während des Gesangs kuschelt er sich da auch schon einmal an seine Mami oder geht dem nächsten Opfer an die Gurgel. Die beiden Sängerinnen meistern ihre Partien in dieser schwierigen Bühnensituation erstaunlich souverän und gelassen.

Doch nicht allein das Besondere der Produktion liegt in diesem Moment, sondern auch das Fragwürdige. Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht streiten, doch wenn man über die geistreichen Bemerkungen des Mörders lacht, über den Tod seiner Opfer aber niemals zu weinen versucht ist - zumal diese kein individuelles Gesicht erhalten, sondern zum ausschnittweisen Abklatsch diverser Opernfiguren degradiert werden -, dann muss das irritieren. Und damit geht Sturmingers Konzept letztendlich sogar auf, denn nicht zuletzt hierum dürfte es ihm gegangen sein. Genau auf diese Weise nämlich funktionierten schon Unterwegers Lesereisen. Das Stück dupliziert sie lediglich und überspitzt ihre Absurdität noch. In beiden Fällen amüsierte sich ein nach Sensation gierendes Publikum köstlich über die „höllische Komödie“.



Sven Kerkhoff

Trackliste

The Infernal Comedy - 102 min

Bonusmaterial einschl. Archivmaterial über die Geschichte Jack Unterwegers - 43 min

Besetzung

John Malkovich: Jack Unterweger
Laura AIkin, Aleksandra Zamojska: Sopran

Orchester Wiener Akademie
Martin Haselböck: Leitung

Michael Sturminger: Buch und Regie
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So bewerten wir:

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