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Lamentationes
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 24.03.2010 (Ligia Digital / Klassik Center Kassel / CD / DDD / 2009 / Lidi 0202212-10) Gesamtspielzeit: 52:00 Internet: Orchestre Les Passions |
EXPRESSIVE ANDACHT
Um ausnahmsweise mit einer persönlichen Bemerkung zu beginnen: Ich bin ja bekanntermaßen ein Sammler von Requiem-Vertonungen, aber die berühmte Komposition von Jean Gilles (1668-1705) fand ich stets sterbenslangweilig. Von seinen Lamentationes habe ich daher nicht viel erwartet.
Schön, wenn die eigenen Erwartungen völlig unterlaufen werden! Diese CD lässt einem wirklich Herz und Ohr aufgehen, was nicht nur daran liegt, dass Gilles die Klagelieder Jeremias besonders delikat in Musik gesetzt hat, sondern auch daran, dass Jean-Marie Andrieu und seine Mitstreiter die Werke mit einem herrlich blühenden, gerundeten Ton und einer perfekten Mischung aus Strenge und Emotionalität vortragen.
Die Vertonung der Lamentationes für die Karwoche geht auf eine schon in der Renaissance begründete Tradition zurück. Sie erlebte ihre höchste Blüte im 17. und 18. Jahrhundert. Sowohl in Italien wie auch in Frankreich entstanden zahlreiche derartige Werke, zumal die Textvorlage den Komponisten Gelegenheit bot, ein hohes Maß an Expressivität an den Tag zu legen und dabei die Herausforderung beinhaltete, zugleich eine dennoch andachtsvolle, zur inneren Ein- und Umkehr bewegende Musik zu schaffen. Dementsprechend erfreuten sich die Gottesdienste, in denen diese zumeist auch sängerisch äußerst anspruchsvolle Musik zur Aufführung kam, größter Beliebtheit. Besonders die Gesellschaft des Hofes wußte sie zu schätzen, musste man doch in der Fastenzeit ohne Oper auskommen. Hier aber gab es bekannte Virtuosen zu hören und sogar das eigentlich in der Karwoche geltende Verbot des Einsatzes von Begleitinstrumneten war aufgehoben, um zumindest eine Continuo-Begleitung zu ermöglichen.
Bei Gilles fallen die dramatischen Momente dem Chor zu, der teils geradezu opernhaft bewegt zu agieren hat. Augenblicke rhythmischer Pointiertheit und scharfer Chromatik wechseln sich dabei mit klagenden, melismatischen Passagen ab. Die Einwürfe der Solisten tragen meist eher betrachtende Züge. Hier treten besonders die Sopranistin Anne Magouet und der Bassbariton Alain Buet besonders positiv hervor.
Musikalisch reich und in ihrem tänzerischen Duktus ganz typisch französisch fällt die Motette "Diligam te Domine" aus.
Eine also alles andere als langweilige, vielmehr höchst hörenswerte Produktion.
Sven Kerkhoff
Trackliste
1 Incipit... Aleph... Quomodo sedet sola civitas... (3:14)
2 Beth... Plorans ploravit... (4:03)
3 Ghimel... Migravit Juda... (2:35)
4 Daleth... Viae Sion lugent... (5:03)
5 He... Faciti sunt hostes ejus in capite... (2:15)
6 Jerusalem convertere ad Dominum... (2:40)
Première Lamentation pour le Jeudy saint au soir
7 De lamentatione... Heth... Cogitavit Dominus... (3:31)
8 Teth... Defixae in terra... Jod... Sederunt... (4:39)
9 Caph... Defecerunt prae lacrimis--- (2:10)
10 Jerusalem convertere ad Dominum... (2:02)
Première Lamentation pour le Vendredy saint au soir
11 De lamentatione... Heth... Misericordiae Domini (3:05)
12 Teth... Bonus est Dominus... (3:42)
13 Jod... Sedebit solitarus et tacebit... (2:09)
14 Jerusalem convertere ad Dominum... (1:59)
Diligam te Domine (Motette)
15 Symphonie - Diligam te Domine... (4:10)
16 Laudans invocabo... (4:02)
17 Dolores inferni circum dededrunt me... (1:51)
18 In tribulatione invocavi Dominum... (3:47)
19 Commota est et contremuit... (3:15)
20 Inclinavit coelos et descendit... (2:14)
21 Et ascendit super cherubim... (4:07)
Besetzung
Vincent Lièvre-Picard: Altus
Bruno Boterf: Tenor
Alain Buet: Bassbariton
Choeur de chambre Les Elements
Orchestre Les Passions
Jean-Marc Andrieu: Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |