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Impromptus
Info
Musikrichtung:
Klaviermusik
VÖ: 26.02.2010 (ZigZag Territoires / Note 1 / DDD / 2009 / Best.Nr. ZZT 100102) Gesamtspielzeit: 58:38 |
AUF ALT MACH´ NEU
Sollte noch irgendjemand das Vorurteil pflegen, Schuberts Impromptus seien - ihrer Gattungsbezeichnung entsprechend - gefällige Gelegenheitswerke, so wird er durch die Interpretation von Alexei Lubimov eines Besseren belehrt. Lange hat der russische Pianist sich Zeit gelassen mit diesem Projekt, hat akribisch nach den ihm passend erscheinenden Originalinstrumenten gesucht und schließlich ein Pianoforte aus dem Jahre 1810 für die erste, und ein solches aus dem Jahre 1830 für die zweite Werkgruppe ausgewählt. Beide Instrumente unterscheiden sich drastisch im Klang. Während das 1810er Pianoforte noch einen zarteren, gezupft wirkenden Ton produziert, ist das spätere Gegenstück deutlich voluminöser und bassbetonter und mehr unseren heutige Vorstellungen vom Klang eines Flügels angenähert. Beide allerdings weisen die für diese Frühform typischen klanglichen Verfärbungen auf, die hin und wieder eintreten, dabei wie ein durchaus reizvolles aleatorisches Element wirkend.
Lubimovs Interpretation betont das Tiefsinnige, in seiner formalen Freiheit Moderne der Impromptus, aber auch ihre emotionale Kraft und ihre Zerrissenheit zwischen virtuoser Schönheit und expressiver Dramatik. Seine langjährige, intensive Beschäftigung mit der Neuen Musik (Cage, Riley, Ligeti, Pärt u.a.) prägt die Deutung dabei durchaus hörbar; hier mag der Schlüssel dazu liegen, dass diese Einspielung nicht romantisch versonnen gerät, sondern energetisch aufgeladen und zugleich eher kleinteilig. Der Pianist scheut nicht vor hohem Krafteinsatz zurück, immer wieder wirken Passagen in ihrer Konsequenz hochdramatisch, bei gleichzeitiger Tendenz, diese in ihrer Vereinzelung herauszuschneiden und hervorzuheben.
Die kunstvollen Läufe veredelt Lubimov durch einen nicht nur virtuosen, sondern auch sinnfälligen Vortrag. So erscheinen die berühmten Kaskaden aus dem vierten Impromptu D899 wegen ihres Eingangs- und Schlusstones, aber auch wegen minimaler Rückungen im Lauf nicht wie eine kühle, perfekte Reihe, sondern eher wie rasch an einer Scheibe abperlende, schillernde Regentropfen.
Lubimov ist eine sehr persönliche, eigensinnige, erstaunlich neuartige Lesart dieser vermeintlich wohlvertrauten und längst ausgelotet geglaubten Stücke gelungen. In seiner Subjektivität dürfte er Schubert dabei näher kommen, als die meisten anderen Interpreten, von denen sich viele mit der hübschen Oberfläche der Stücke zufrieden gegeben haben.
Sven Kerkhoff
Trackliste
1 Nr. 1 d-moll: Allegro molto moderato 09:38
2 Nr. 2 Es-Dur: Allegro 04:44
3 Nr. 3 Ges-Dur: Andante mosso 06:57
4 Nr. 4 as-moll: Allegretto 07:41
Impromptus op. 142 D 935 Nr. 1-4
5 Nr. 1 f-moll: Allegro moderato 11:38
6 Nr. 2 As-Dur: Allegretto 06:37
7 Nr. 3 B-Dur: Andante 11:23
8 Nr. 4 f-moll: Allegro scherzando 07:04
Besetzung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |