Reviews
To Billie Holiday with Love from Dee Dee Bridgewater
Info
Musikrichtung:
Jazz
VÖ: 19.02.2010 (Embracy/Universal) Gesamtspielzeit: 51:45 Internet: deedeebridgewater.com |
"Young people take note of this woman´s life...
..., this woman´s bravery, so you can learn to stand up, and not be afraid to speak in your own voice. Children, stand tall and dare to be a Billie Holiday!"
Bereits mit früheren VÖ hat Dee Dee Bridgewater den Größen der Musikwelt ihren Respekt erwiesen: Horace Silver 1995, Ella Fitzgerald 1997 und Kurt Weill 2002. Nun verneigt sich die Diva vor der unvergessenen Billie Holiday, die sie in der Theaterproduktion "Lady Day" vor über 20 Jahren bereits verkörperte. Und nun also ein neuer Tribut an die vielschichtige Persönlichkeit der Billie Holiday/Eleanora Fagan, keine Imitation, sondern eine Interpretation, wie Bridgewater das Album nennt.
Eine Interpretation beginnt bereits bei der Songsauswahl; über eine solche läßt sich immer streiten, doch scheint Dee Dee Bridgewater hier eine repräsentative Zusammenstellung gelungen zu sein - eine Zusammenstellung, die sie so eindeutig eine Interpretation ist, dass sich der Hörer den Bezug der einen grande dame auf die andere für jeden der 12 Songs neu erarbeiten muß. Das muß man wohl einen souveränen Umgang mit Billie Holiday nennen, doch wie anders wäre ein solches Album auch denkbar?! Nicht zuletzt von einer solchen Vorentscheidung wird auch die Rolle der Instrumentierung deutlich, die einen wesentlich höheren Stellenwert in den Aufnahmen von Bridgewater hat, aber zugleich wunderbar mit ihrer Stimme und den Kompositionen harmoniert. Lediglich an knapp der Hälfte der auf dem Album vertretenen Songs soll das hier konkretisiert werden:
"Good Morning Heartache"
Leise, zart, zärtlich und mit einem schmerzvoll-verliebten Ton klingt die Stimme Holidays, wenn sie diesen Song singt; bei Dee Dee Bridgewater sind die Stimm(ungs)schwankungen größer und reichen von einem zärtlichen Flüstern bis hin zu klagenden Tönen, auch spielt das Saxophon in diesem Song eine ihrer Stimme vergleichbare Rolle.
"Lover Man"
Im Original sparsam instrumentiert, lediglich die Belchbläser stellen hier einen Kontrapunkt zu Billie Holidays Stimme dar, bei der gerade die lauten Töne besonders herausstechend sind. Bei Dee Dee Bridgewater hingegen ist es das Piano, das ihre Stimme ergänzt; mit diesem Song entfernt sich die Sängerin sehr weit von ihrer Vorgabe, dem Song als solchem schadet das nicht, und das ist es wohl, was einen großen Song ausmacht.
"Don't Explain"
Beginnt durch das kurze Streicherintro fast dramatisch, die Instrumentierung schafft im Original eine melancholische Grundstimmung, über die sich die Stimme von Holiday legt, liebend-zärtlich im Refrain, schmerzvoll in den Strophen. Flötentöne hingegen läuten die Interpretation von Dee Dee Bridgewater ein, die den Track eher als Flehen in verschiedenen Lautstärken interpretiert, und damit viel von der Abgründigkeit des Themas herauszuholen imstande ist.
"God Bless The Child"
Sicherlich einer der bekanntesten Songs der grande dame, der für Billie Holiday überraschend wenig Stimmodulationen enthielt, egal ob als Studioaufnahme oder live; liebevoll, leidenschaftlich und warm singt Bridgewater ihn.
"Strange Fruit"
Zum Abschluß des Albums der Song "Strange Fruit", den "signature song" über die seltsamen Früchte der Südstaatenbäume, einen Son der recht unverhohlen die Lynchjustiz und den Rassismus der Südstaaten anprangert: "Southern trees bear a strange fruit, blood on the leaves and blood at the root, black body swinging in the Southern breeze, strange fruit hanging from the poplar trees.", heißt es in Billie Holidays Song, der schwermütig und klagend daherkommt und dies auch kaum hinter seiner scheinbaren Leichigkeit verstecken konnte. Bei Dee Dee Bridgewater wird der Song so bedrohlich, fast gespenstisch, dass er stellenweise kaum auszuhalten ist.
Eine wirklich aufregende, souveräne und spannend-hintergründige Interpretation Billie Holidays liefert Dee Dee Bridgewater mit ihrem Tribut ab. Vielleicht ist sie damit in der Lage, die wahre Dramatik der Songs Billie Holidays, die wohl nur auf dem Hintergrund ihrer Zeit und Lebensgeschichte zu verstehen sind, für den modernen Hörer herauszustellen - ein unglaubliches Album!
Andreas Matena
Trackliste
1 | Lady Sings The Blues | 3:31 |
2 | All Of Me | 2:58 |
3 | Good Morning Heartache | 5:11 |
4 | Lover Man | 4:43 |
5 | You've Changed | 5:11 |
6 | Miss Brown To You | 2:12 |
7 | Don't Explain | 6:15 |
8 | Fine And Mellow | 4:55 |
9 | Mother's Son-In-Law | 2:47 |
10 | God Bless The Child | 5:13 |
11 | A Foggy Day | 4:33 |
12 | Strange Fruit | 4:16 |
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |