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Chopin, F. (Gourari)

The Mazurka Diary

Info Musikrichtung: Romantik Klaviermusik VÖ: 12.02.2010 (Berlin Classics / Edel / CD / DDD / 2009 / Best. Nr. 0016662BC) Gesamtspielzeit: 73:10 Internet: Anna Gourari

Wer mit Anna Gouraris neuem Album in das Chopin-Gedenkjahr 2010 startet, hat eine durch und durch beglückende Wahl getroffen - wenn er denn die richtigen Hörvoraussetzungen schafft: Die gluckerende Heizung muss abgedreht, das Telefon abgestellt sein, während der gut 70minütigen Spieldauer sollte keine andere Person im Raum das Sofa zum knarren bringen oder es wagen, geräuschvoll in der Zeitung zu blättern. Diese CD verträgt keine Störungen, denn haarfein ausgearbeitet wie eine Feder-Tuschzeichnung sind Gouraris Interpretationen, zugleich aber farblich außerordentlich nuanciert und vielgestaltig. Nur selten, dann aber wohlplatziert und effektvoll entfacht die gebürtige Russin feurige Glut in ihrem Spiel, um sich gleich darauf wieder zurückzunehmen und den Hörer mit hinein zu nehmen in Chopins kleine Traumwelten. Auch die Rubati und die leichten Rückungen der Tempi steuert die 37jährige Pianistin ungewöhnlich sorgsam aus und weicht damit den 3/4-Takt der Mazurken abwechlsungsreich auf.

Dank dieser Qualitäten werden einem auch 29 Mazurken am Stück nicht so schnell zuviel, zumal die CD anhand der Werkauswahl geschickt die Zeit des gesamten kompositorischen Wirkens Chopins, also etwa 25 Jahre, durchmisst. Wie ein roter Faden zieht sich die Liebe zur Mazurka und die Beschäftigung mit ihr durch das Schaffen des Komponisten und eindrucksvoll wird deutlich, wie konsequent er das an sich strenge Formschema immer mehr aufbricht, so dass aus dem ursprünglichen Tanz eine Folie, eine Projektionsfläche für Chopins ganz eigene Tonsprache wird.

Auch Anna Gourari rückt in ihrem Ansatz weniger den tänzerischen Charakter der kurzen Stücke in den Mittelpunkt, sondern ihren individuellen, zutiefst romantischen Ausdruck voll zarter Schönheit und sehnsüchtiger Melancholie.

Sven Kerkhoff