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Ives, Ch. (Sinclair)

Decoration Day – Fourth of July – Thanksgiving u.a.

Info Musikrichtung: Klassische Moderne Orchester VÖ: 26.10.2009 (Naxos / Naxos / CD / DDD / 2007/2008 / Best. Nr. 8.559370) Gesamtspielzeit: 53:26

Die Ives-Diskographie beim Label Naxos wächst mit schöner Regelmäßigkeit und hält dabei ein hohes Niveau. Soeben hat der Ives-Experte James Sinclair mit dem Malmö Symphony Orchestra ein weiteres Sammelprogramm veröffentlicht. Darauf befinden sich die noch fehlenden drei Sätze der berühmten New England Holidays Symphony, programmatische Porträts der prominentesten amerikanischer Feiertage.
Sie bilden die Eckpfeiler eines gemischten Programms, in das mit der Overtüre in G-Moll und dem Postlude in F auch eher klassisch-romantisch getönte Frühwerke Ives aufgenommen wurden, die gleichwohl nicht ohne Überraschungen sind. Ein Höhepunkt ist zudem die Ersteinspielung von The General Slocum, das in knapp sechs Minuten eine seinerzeit berühmte Schiffskatastrophe apokalyptischen Ausmaßes Revue passieren lässt. Die Holiday-Stücke zeichnen sich durch die typische enigmatische Ives-Atmosphäre aus: flirrende, unkörperliche Streichertexturen, die den Hörer in seiner Fantasie sofort in eine imaginäre amerikanische Landschaft versetzen. In diese Welt klingen allerlei alte Hymnen, Kirchenlieder und Märsche hinein, überlagern sich oder werden mit quasi cinematografischen Schnitten gegeneinandergesetzt, um dann in einem kulminativen Höhepunkt regelrecht zu explodieren, wie bei The Fourth of July mit seinem Feuerwerksfinale.
Interessant ist, dass solche „folkloristischen“ oder „literarisch-programmatischen“ Effekte bei Ives nie zur bloßen Illustrationen geraten. Das lokale Kolorit wird transzendiert und dient dazu, etwas Größeres, Universales zum Ausdruck zu bringen. So wird selbst das auf ein reales Sportereignis zurückgehende Yale-Princeton Football Game mit seinen quasi-dokumentarischen Klangeffekten zu einer abstrakten Klangikone, die ganz von der immanenten musikalischen Logik zusammengehalten wird und sich selbst genügt.

Sinclair und sein Orchester bieten durchsichtige, spannungsvolle Interpretationen, in der die unterschiedlichen Stilebenen, aus denen Ives Musik sich zusammensetzt, ihre Eigenart behalten. Trotzdem kommt ein großes Ganzes dabei heraus. Das Klangbild wirkt etwas digital verblichen; mehr physische Präsenz und stärkere Kontraste hätten nicht geschadet.

Georg Henkel