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«Chez Pleyel». Ein Pariser Chopin-Konzert Februar 1842
Info
Musikrichtung:
Romantik Klavier
VÖ: 16.10.2009 (Harmonia Mundi / Harmonia Mundi CD / DDD / 2008 / Best. Nr. HMC 902052) Gesamtspielzeit: 80:02 |
ARTIFIZIELLER DIALEKT
Alain Planès hat sich nach seiner Chopin-Gesamteinspielung auf dem modernen Flügel auf ein besonderes Experiment eingelassen: Die Rekonstruktion eines Pariser Chopin-Konzerts vom Februar 1842 auf einem originalen Pleyel-Flügel, der wahrscheinlich von Chopin selbst gespielt wurde. Doch nicht nur ein authentisches Instrument wollte Planès zum Klingen bringen. Ebenso genau sollte auch die berühmte freie Spielweise des Komponisten anhand der Quellen rekonstruiert und imitiert werden. Chopins Rubato - also die kunstvolle „Verschleppung“ des Tempos - und seine extemporierten Verzierungen und weitere umfangreiche Ausschmückungen sind von seinen Schülern als Handnotizen während des Unterrichts oder bei Aufführungen in die Partituren eingetragen worden. Daraus lassen sich durchaus Ansatzpunkte für eine authentische Chopin-Interpretation gewinnnen. Der Pleyel-Flügel von 1836, den Planès spielt, ist klanglich delikat, aber auch kapriziös in der Handhabung. Obwohl er sich in einem guten Zustand befindet, so hört man ihm doch sein Alter an. Es knarzt, rumort und schnarrt hier und da vernehmlich und nicht immer kann man einfach darüber hinweghören.
Dafür ist das Klangbild leicht und licht, die Bässe wahren vornehme Zurückhaltung, die Höhen glimmen, aber überstrahlen nicht. Chopin war ein Mann der leisen Töne und der aristokratischen Zurückhaltung. Sein Spiel zeichnete sich eher durch zarte Farben aus. Planès vermeidet darum vordergründige virtuose Brillanz und arbeitet dafür die Details plastisch heraus. Das führt zu ungewöhnlichen Impressionen, auch sehr bekannte Stücke wie die Préludes oder Nocturnes klingen neu, sowohl was die pianistische „Orchestrierung“ wie auch die Akzentverteilung und Betonung der Stimmverläufe angeht. Zugleich hat die ganze Interpretation noch etwas Tastendes. Planès versucht, sich im Dialekt Chopins auszudrücken und hört sich dabei offenbar mit einer gewissen beobachtenden Distanz selbst zu. Dies betont den historisierenden Ansatz eher im Sinne eines artifiziellen denn persönlichen künstlerischen Standpunktes.
Georg Henkel
Trackliste
1 | Prélude op. 28 Nr. 4,11,13,15, op. 45 |
2 | Études op. 25 Nr. 1, 2 & 12 |
3 | Nocturnes op. 9 Nr. 2, op. 27 Nr. 2, op. 48 Nr. 1 & 2 |
4 | Mazurkas KK IIb Nr. 5, op. 41 Nr. 2 & 3 |
5 | Andante spianato op. 22 |
6 | Ballade op. 47 |
7 | Impromptu op. 51 |
8 | “Grande Valse” op. 42 |
Besetzung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |