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I Penitenti al Sepolchro Redentore
Info
Musikrichtung:
Barock Oratorium
VÖ: 18.09.2009 (ZigZag / Note 1 / CD / DDD / 2008 / Best. Nr. ZZT 090803) Gesamtspielzeit: 71:08 Internet: Collegium 1704 |
DRAMA ZUR KARWOCHE
Dass man ihm schon längst den gefälligeren, deutlich jüngeren Johann Adolph Hasse als Hofkapellmeister vorgezogen hatte, hielt Jan Dismas Zelenka nicht davon ab, in Dresden auszuharren, Vokalmusik für den dortigen katholischen Hof zu schreiben und damit weiterhin um die Gunst des Königs zu ringen. 1736 vollendete er hierzu das für die Karwoche gedachte Passionsoratorium "I Penitenti al Sepolchro Redentore". Aus dem Kreis der Jünger versammeln sich darin zu buß- und reuevoller Betrachtung des Passions- bzw. Heilsgeschehens Maria Magdalena und Petrus, ferner - als Anknüpfungspunkt an das Alte Testament - König David. Da man bei Hofe die Karwoche ungern in Zerknirschung und Mediation verbrachte, durfte ein solches Oratorium durchaus opernhaft dramatisch ausfallen. Diesem Ideal kam Zelenka nach, doch (wie für ihn typisch) verweigerte er sich dabei jeder Oberflächlichkeit.
Zelenkas Musik zeichnet sich einmal mehr dadurch aus, dass er zwar mit den gleichen kompositorischen Bausteinen wie seine Zeitgenossen arbeitet, diese aber ungleich kunstvoller, verschachtelter, unvorhersehbarer auf- und nebeneinandertürmt. Kaum ein anderer Barockkomponist hat es verstanden, einen derart dichten, komplexen Instrumentalsatz zu schaffen und kaum ein anderer hatte den Mut zu solcher kühner Chromatik. Das alles spielt sich weniger in den Vokalpartien ab, als vielmehr in der Instrumentalbegleitung. Dabei ist jenes Flechtwerk der Stimmen und Themen, der Instrumentalfarben und harmonischen Wechsel kein bloßer Selbstzweck. Zelenka zeichnet damit höchst kunstvoll und doppelbödig das eigentliche Geschehen nach, kommentiert und illustriert es. Deutlich wird dies etwa in der Arie des Petrus "Lingua perfida", in welcher die lügnerische, satanische Schlange beschimpft wird - wie sie windet sich der Orchesterpart um den Vokalpart herum, weicht seinen herrischen Schlägen aus. Die himmlische Harfe Davids wird in der Arie "Le tue corde" beschworen und tritt uns in Gestalt eines Pizzicato gegenüber, das den fast ariosen Einsteig in diese erstaunlich doppelgesichtige, später nämlich durchaus nicht immer liebliche Nummer bildet.
Unter den Solisten beeindruckt vor allem der Tenor Eric Stoklossa durch einen klangstarken, emphatischen, aber nicht übertriebenen Vortrag. Auch die Altistin Mariana Rewerski meistert ihre beiden ausladenden Arien hervorragend und mit viel Wärme. Tobias Berndt hat als Petrus etwas weniger Entfaltungsmöglichkeiten als seine beiden Mitstreiter, verleiht seiner oben schon angesprochenen Arie "Lingua perfida" aber Gewicht und angemessene Dramatik. Das Collegium Marianum musiziert klangschön und lebendig.
Der Vergleichseinspielung von 1994 (Cappella Regia Musicales, Robert Hugo; Supraphon) erweist sich die neue Produktion damit klar überlegen. Und das, obwohl die im Schloss Troja (Prag) produzierte Aufnahme soviel Hall abbekommen hat, als sei sie in einer Kathedrale entstanden - das ist des Guten etwas zu viel, da es Zelenkas komplexe, Transparenz erfordernde Strukturen verunklart.
Sven Kerkhoff
Trackliste
Besetzung
Eric Stoklossa: Tenor (David)
Tobias Berndt: Bass (Petrus)
Collegium 1704 & Collegium Vocale 1704
Václav Luks: Ltg.
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |