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La Bella Noeva
Info
Musikrichtung:
Gesang
VÖ: 01.01.2004 Alpha / Note 1 (CD DDD (AD 2003) / Best. Nr. Alpha 508) Gesamtspielzeit: 54:21 Internet: Alpha |
DER KREIS SCHLIESST SICH
U TRIFFT E - IM FRÜHBAROCK!
Jede Wette, dass der unbedarfte Hörer nicht in der Lage sein wird, das titelgebende Stück dieser CD einem bestimmten Jahrhundert zuzuordnen? La bella noeva klingt zugleich alt und neu, betörend antiquiert und anheimelnd modern. Das ist fast schon zu schön, zu eingängig. Klar, auf jeden Fall U-Musik. Aus Italien. Irgendwie folkig ...!?
Doch mit solchen Kategorisierungen kommt man in diesem Fall nicht viel weiter. Der Sänger Marco Beasley und sein Ensemble Accordeone schreiten hier den Zirkel der musikalischen Genres ebenso souverän und selbstverständlich aus, wie den der historischen Aufführungspraxis. Kunst- oder Volksmusik, U oder E, notiert oder improvisiert, historisch informiert oder modern arrangiert: Das Ergebnis ist hier in allen Fällen ebenso erhellend wie überzeugend.
Der Theorbist Franco Pavan bringt es in seinem facettenreichen Booklettext auf den Punkt: Für die 'Einrichtung' oder 'Inszenierung' dieser Musik war die Inspiration des Ensembles der einzige Maßstab. Eine Inspiration, die gleichwohl historisch fundiert ist Denn wir hören Instrumente des Frühbarock: Violine, Cello, Theorbe, Erzlaute und Gitarre, Cembalo und Orgel. Wir hören auch (bis auf zwei Ausnahmen) Musik aus dieser Zeit, darunter 'bekannte' Stücke wie Amarilli von Giulio Caccini. Aber in einer Fassung, die ungezwungen mit den Möglichkeiten barocker Improvisation und Bearbeitung spielt und damit genau das praktiziert, was auch im 17. Jahrhundert Usus war. Heute entsprechen dem die unterschiedlich abgemischten und rhythmisierten Versionen eines Songs, der mal als Ballade und dann wieder als Dancefloor-Version erscheint.
Im aktuellen Fall kann die Bearbeitunspraxis bis an den Rand einer völligen Neuschöpfung gehen, z. B. wenn das fragmentarische Laudate Dominum aus Claudio Monteverdis später Sammlung Selva Morale e Spirituale mit konzertanten Elementen aus seinem Madrigal Zeffiro Torna angereichert wird. Hier also wird musikalisches Fremd-Material gleichsam transplantiert. Auch eine schlichte Solo-Motette von Alessandro Grandi für Singstimme und Continuo erhält eine reiche instrumentale Einkleidung. Nicht anders bei der weltlichen Musik: In Giovanni Stefanis Amante felice machen die Spieler aus dem schlichten Bassmotiv einen selbständigen Part, der mit der Singstimme gleichberechtigt dialogisiert, in Monteverdis Un dolce tormento verstärken zusätzliche Ritornelle den Affekt. Die von Marco Beasley rekonstruierte Trantella fügt sich da ganz organisch ein.
IM ZENTRUM: DIE SINGSTIMME
Im Zentrum der Musik - und auch dies ist 'korrekt' historisch - steht jedoch die Singstimme, die um die Wende zum 17. Jahrhundert ganz neu entdeckt wurde. Marco Beasley sorgt mit seinem hell timbrierten, leicht nasalen Tenor dafür, das Musik und Texte auch wirklich im Heute ankommen. Das barocke Ideal der sprezzatura, der unangestrengten Natürlichkeit, die heute gerne mit 'Nonchalance' übersetzt wird, kommt bei ihm manchmal geradezu als 'Lässigkeit' daher. Und was ist das da in den gefühlvollen 'Balladen' - gar ein Anflug von Soul? Ungewöhnlich (und ungewöhnlich reizvoll) ist die Mischung aus ... tja: blues-seliger Melancholie und Laszivität, z. B. bei Sì dolce è'l tormento. Besonders in solchen Fällen fasziniert der androgyne Charakter von Beasleys Stimme. Dieser erweist sich aber auch als großartiger Sängerdarsteller, der über alle Register verfügt, um einem wahrlich surrealen maritimen Liebeskrieg (La canzone del Guarracino) die notwendige dramatische Würze zu verleihen.
Bei den geistlichen Stücke läßt der Sänger sich von den pulsierenden Rhythmen seiner Band davongetragen, um bei finalen Alleluja sein ungewöhnliches, ebenso spannendes wie unterhaltsames Programm mit ergreifender Schlichtheit zum Abschluss zu bringen.
Georg Henkel
Trackliste
1 | Amante felice | 2:52 |
2 | Sì dolce è'l tormento | 3:26 |
3 | Tu ch'hai le penne, Amore | 4:44 |
4 | Amarilli | 4:33 |
5 | Udite amanti | 4:25 |
6 | Amante lontano dalla sua donna | 3:01 |
7 | Tarantella Primma, siconna e terza | 4:24 |
8 | La bella noeva | 5:08 |
9 | La canzone del Guarracino | 6:48 |
10 | O quam tu pulchra es | 3:54 |
11 | Concerto spirituale | 4:22 |
12 | Laudate Dominum | 3:47 |
13 | Alleluja | 2:57 |
Besetzung
Guido Morini (Cembalo, Orgel, Arrangements u. Ltg.)
Mauro Lopes Ferreira (Violine)
Nathalie Fontaine (Violine)
Judith-Maria Becker (Cello)
Franco Pavan (Theorbe)
Stefano Rucco, Erzlaute und Barock-Gitarre
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |