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Rosmira fedele
Info
Musikrichtung:
Barockoper
VÖ: 15.01.2004 Dynamic / Klassik Center Kassel (3 CD DDD (AD 2003, live) / Best. Nr. CDS 437/1-3 Gesamtspielzeit: 169:00 Internet: Dynamic |
VIVALDIS "BEST OF"
"Rosmira fedele", für die Saison in Venedig 1738 komponiert, darf wohl als die letzte erhaltene Oper Vivaldis (1678-1741) gelten. Und auch dies gilt gewissermaßen nur mit Einschränkungen, handelt es sich doch um ein sog. Pasticcio, also ein Werk, das aus musikalischen Versatzstücken anderer Herkunft zusammengesetzt wurde. Dies war damals allerdings keineswegs unüblich und durch die geballte Anhäufung populärer Hits und hochvirtuoser Gesangsstücke ein vom Publikum geschätztes Vergnügen. So liegt denn der Reiz dieser hier erstmals eingespielten Oper ganz wesentlich auch darin, dass wir in ihr nicht nur die reife Kunst Vivaldis, sondern auch Arien von Hasse, Pergolesi, Händel und anderen Zeitgenossen finden. All das wurde durch einige Anpassungen von Vivaldis Hand bruchlos aneinandergefügt, was problemlos möglich war, da es weder ein Urheberrecht, noch einen charkteristischen Personal-, sondern im wesentlichen nur einen übergeordneten Zeitstil gab.
Das Libretto greift auf eine der üblichen, allegorisch-mythologischen Handlungen mit ihren Verwicklungen rund um Liebe, Eifersucht, Kampf, Intrige und Happy Ende zurück, "Verbotene Liebe"-Soap-Kost im Barockzeitalter gewissermaßen.
Die Oper stellt sich im wesentlichen als Arienkonzert dar, einen übergreifenden musikalischen Spannungsbogen wird man vergeblich suchen. Allerdings war Vivaldis Schaffenskraft hier noch keineswegs erlahmt, sondern er schuf ein an musikalischen Farben, eingängigen Melodien und virtuosen Kunststückchen reiches Werk.
Dieses feierte seine Wiederentdeckung (mit einigen eigens rekonstruierten Stücken) letztes Jahr auf der Opernbühne in Nizza und das italienische Label Dynamic hat das Ereignis live mitgeschnitten. Die üblichen Probleme eines solchen Mitschnitts sind auch hier unüberhörbar: Störende Bühnengeräusche fallen des öfteren unangenehm auf und das Orchester ist deutlich überbetont gegenüber der Sängerriege.
Diese liefert ein recht unterschiedliches Bild ab: Eine Entdeckung ist die Mezzosopranistin Marainn Pizzolato in der Hauptrolle der Rosmira. Mag ihr dramatischer Ausdruck bisweilen noch etwas schwach sein und wird ihre schöne Stimme an mancher Stelle auch vom Orchester überdeckt, so besticht sie doch durch ein glänzende Stimmtechnik. Überanstrengt wirkt hingegen Claire Brua als Partenope.
Mit einer weichen Sopranstimme, die eher in den Bereich des Mezzo tendiert, gefällt Salomé Haller (Arsace). Sie meistert diese ungewöhnlich anspruchsvolle Partie mit Bravour und macht z.B. die Arie "Vorrei dirti" im 2. Akt durch eine differenzierte Gestaltung zum Genuß.
Bei den kleineren Rollen fällt neben dem in den Verzierungen sehr sicheren Bariton Philippe Canto auch Rossana Bertini als Ersilla durch eine junge, silbrige Sopranstimme positiv auf, auch wenn ihr Timbre bisweilen recht trocken erscheint.
Eine Überraschung bietet die Besetzungliste mit dem polnischen Sopranisten Jacek Laszczkowski. Männliche Soprane sind zwar heute nicht unbekanntes mehr, aber doch eine absolute Seltenheit. Laszczkowski gibt den Armindo mit superben, (teilweise hysterisch-) brillanten Höhen. Doch der Preis dafür ist hoch: In den tieferen Lagen wird so mancher Ton einfach verschluckt und die Stimme trägt allzu oft nicht über das Orchester hinweg.
Als völliger Ausfall muß der Tenor John Elwes in der Rolle des Ormonte gelten. Offenbar hat er einen ganz schlechten Tag erwischt, denn seine Stimme klingt extrem eng und unbeweglich. Immer wieder reißt er einzelne Töne aus den Läufen heraus und erscheint mit der Partie insgesamt heillos überfordert.
Den eigentlichen Lorbeer in dieser Produktion hat sich das in der historischen Aufführungspraxis versierte Ensemble Baroque de Nice verdient. Mit nicht erlahmendem Elan hält es die Oper während ihrer rund dreistündigen Aufführungsdauer quicklebendig. Dabei nimmt der Leiter Gilbert Bezzina die Phrasierungen teilweise milder als andere Kollegen, was aber in idealer Weise einer dauernden Überreizung entgegenwirkt. Dennoch wird mit Verve und zügig musiziert. Das Orchester ist bemüht, manche Schwäche bei dem ein oder anderen Sänger aufzufangen.
Sven Kerkhoff
Trackliste
CD 2: 2. Akt
CD 3: 3. Akt
Besetzung
Claire Brua, Mezzosopran (Partenope)
Salomé Haller, Sopran (Arsace)
Rossane Bertini, Sopran (Ersilla)
Jacek Laszczkowski, Sopran (Armindo)
Philippe Cantor, Bassbariton (Emilio)
John Elwes, Tenor (Ormonte)
Ensemble Baroque de Nice
Ltg. Gilbert Bezzina
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |