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Donizetti, G. u.a.

La Partenza (Il Salotto, Vol. 6)

Info Musikrichtung: Ital. Lied VÖ: 01.01.2004 Opera Rara / Note 1 (CD DDD (AD 2003), Best. Nr. ORR 227) Gesamtspielzeit: 78:40 Internet: Opera Rara

In der Reihe "Il Salotto" (zu deutsch: der Salon) präsentiert das Label Opera Rara unter wechselnden thematischen Überschriften Lieder und kammermusikalische Gesangswerke aus der italienischen Musikwelt des 19. Jahrhunderts - diesmal zum Themenkreis Abschied/Trennung. Es handelt sich um kleine Ensembles, Arietten, Kanzonen u.ä., die stets melodisch eingängig sind, dennoch aber hohe gestalterische Anforderungen an die Ausführenden stellen. Kein Wunder, stammt doch einiges aus der Feder der großen Opernkomponisten jener Zeit, die Sänger mit geläufiger Gurgel für selbstverständlich hielten. So finden sich hier auch Werke Donizettis und Rossinis, daneben u.a. solche von Peri, Costa und Czerny. Bedienen sich die Komponisten dabei auch oft der damals in der italienischen Oper aktuellen Stilmittel , bleibt in der kleinen Form doch mehr Raum für ein ironisches Augenzwinkern, für groteske Übertreibungen in der Zeichnung des Abschiedsschmerzes und ähnliche Freiheiten.

Insofern bekommt man hier tatsächlich Unterhaltungsmusik geboten. Dabei gelingt zwar nicht alles und manchmal ist es schwer zu sagen, ob der jeweilige Interpret es ernst meint mit dem tenoralen Schluchzen oder mit den Konventionen ein böses Spiel treibt, so etwa, wenn Bruce Ford die Kanzonette "Il biglitto amoroso" schmettert. Auch das vierstimmige Eingangsensemble "Perche due cori insieme" aus der Feder von Sir Michael Costa erscheint doch etwas sehr dick aufgetragen. Die Stücke hätten solche Grandezza gar nicht nötig, sondern würden ihre Wirkung auch so tun.
Besser gefällt da im weiteren Verlauf Roberto Servile der eine Romanze von Peri und eine Kanzone Donizettis mit opernhafter Größe eindringlich, aber unaufdringlich vorträgt. Stimmlich in hervorragender Verfassung zeigt sich ferner die in dieser Einspielung vielbeschäftigte Laura Claycomb mit ihrem hellen und dennoch weichen Sopran. Der knödelnde Tenor Nicola Rossi Giordano hingegen fällt wohl eher in die Kategorie "unfreiwillig komisch". Was die Komik angeht, so läuft Burce Ford gegen Ende mit Rossinis "La partenza" zur Höchstform auf. Wenn er hier das Ringen um den Abschiedskuß mit jaulendem Ton karikiert, ist dies zugleich eine köstliche Parodie auf das, was vielerorts unter Bezeichnungen wie "Die 18 Tenöre" (3 reichen ja schon lange nicht mehr...) o.ä. vermarktet wird.
Einer Erwähnung wert ist die sensible Leistung der Mezzosopranistin Manuela Custer in Donizettis Kanzone "Lamento per Bellini", einem Gesang aus Anlaß des tragischen frühen Todes jenes Opernkomponisten. Man sieht: Der Begriff des Abschieds ist weit gewählt und wird bei dieser Zusammenstellung (anders als das Cover verheißt) nicht allein auf die Trennung zwischen Liebenden oder (Ex-)Verliebten verstanden.
Die Auswahl der kleinen Stücke ist dementsprechend vielfältig, ihre Zusammenstellung geschickt und die Kommentierungen im Booklet (zu den Details leider nur in Englisch) erweisen sich als launig und aufschlußreich. Richard Bell ist am Klavier keinen wirklich nennenswerten Herausforderungen ausgesetzt, begleitet aber mit Schwung und Finesse.
Bedauerlich erscheint angesichts dieser Mühe und des weitgehend hohen sängerischen Niveuas, dass das ganze in einem viel zu halligen Kirchenraum aufgenommen wurde, der das Klangbild zu unangemessener Größe und theatralischer Weite aufbläht. "Il Salotto" - der Salon: dort gehören diese Stückchen hin und so sollten sie auch eingespielt werden. Als Kammermusik im wahrsten Sinne des Wortes.

Sven Kerkhoff