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Requiem d-moll, Miserere
Info
Musikrichtung:
Klassik Kirchenmusik
VÖ: 27.07.2009 (cpo / jpc / CD / DDD / 2008 / Best. Nr. 7774092) Gesamtspielzeit: 61:21 Internet: La Stagione Frankfurt Deutscher Kammerchor |
NICHT VOM HIMMEL GEFALLEN
Wer die Sinfonien oder die Kammermusik im Ohr hat, die der aus Miltenberg am Main stammenden Joseph Martin Kraus (1756-1792) in seiner Zeit als Hofkapellmeister des schwedischen König komponiert hat, wird den Komponisten in diesen Kirchenmusikwerken kaum wiedererkennen. Es handelt sich um Jugend- und Frühwerke die deutlich werden lassen, dass auch in der Musikgeschichte nur ganz wenige Meister vom Himmel gefallen sind. Natürlich zeugen auch diese Stücke bereits von Kraus´ Gespür für Klangfarben und Dramatik, aber sie erreichen bei weitem nicht die Gestaltungshöhe seiner späteren Werke.
So zeigt sich zwar im Requiem von 1775 schon seine Tendenz zum Revoluzzertum, indem er etwa bestimmte Textteile auslässt und dissonante Reibungen einstreut. Der Wille zum Neuen ist also da, doch fehlen Kraus in jener Zeit noch die Mittel, diesem Willen Geltung zu verschaffen. Allzu oft greift er auf ganz traditionelle Muster zurück, immer wieder gleiten instrumentale Begleitfiguren ins Banale ab. Insbesondere die Teile ab dem "Domine Jesu" sind wenig ausdrucksstark geraten. Vieles wirkt unerfahren, überbeschleunigt und hastig hingeworfen. Der Eindruck verstärkt sich dadurch, dass Michael Schneider sein Ensemble La Stagione Frankfurt diesmal wenig prägnant, teils geradezu lasch phrasieren und den Deutscher Kammerchor fast verzagt singen lässt. Um den Solopartien Bedeutung zu verleihen, hätte es zudem großformatigerer Stimmen bedurft als sie mit den hier eingesetzten Solisten zur Verfügung standen. Die Aufnahme bleibt damit insgesamt hinter der direkteren, dramaturgisch schlüssigeren Vergleichseinpielung (Orfeo Orchestra/Purcell Choir, G. Vashegyi, Hungaroton 1998) zurück.
Durch die abwechslungsreiche Behandlung des Orchesters und den engagierteren Zugriff der Ausführenderen interessanter gerät Schneider da das zwei Jahre zuvor in Erfurt entstandene, ausladende Miserere.
Im 1783 für das Kloster Amorbach geschaffene Stella coeli schließlich ist Kraus eine recht originalgetreue Kopie Joseph Haydns und des süddeutschen Kirchenmusikstils jener Zeit gelungen; von seiner persönlichen kompositorischen Originalität ist dementsprechend kaum etwas zu spüren, aber gefällig ist das kurze Stück sehr wohl.
Sven Kerkhoff
Trackliste
14-24 Requiem VB 1 in d-moll 24:39
25-26 Stella coeli VB 10 in C-Dur 08:13
Besetzung
Annemei Blessing-Leyhausen: Sopran
Paul Gerhard Adam, Carmen Schüller: Alt
Julian Prégardien: Tenor
Ekkehard Abele: Bass
La Stagione Frankfurt
Michael Schneider: Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |