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Orgelkonzerte op. 7
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 14.08.2009 (harmonia mundi usa / harmonia mundi / 2 SACD hybrid / 2009 / Best. Nr. 807447.48) Gesamtspielzeit: 126:54 Internet: Academy of Ancient Music |
BEFREIT
Diese CD ist nichts für Puristen und stramme Konservative, sondern für Leute, die bereit sind, sich von Händels-Musik noch einmal überraschen zu lassen. Mehr noch als bei seiner spielerisch so charmanten, preisgekrönten Interpretation der Orgelkonzerte op. 4 (s. MAS-Review) nimmt Richard Egarr sich hier die Freiheit zur Improvisation heraus, zur eigenen Gestaltung und Auszierung. Nicht anders übrigens als Händel es selbst tat, denn natürlich waren seine Orgelkonzerte darauf angelegt, ihm auch als Virtuosem breiten Entfaltungsspielraum zu belassen. Da diesen aber nach ihm kaum jemand genutzt hat, haben wir die Konzerte heutzutage in einer zementfest tradierten Art im Ohr. Egarr löst diese Erstarrung auf und verblüfft dabei durch kühne Einfälle und Assoziationen, die sich aber stets passgenau in das musikalische Gesamtgeschehen einfügen und keineswegs eitel daher kommen, sondern große Spielfreude und Findigkeit dokumentieren. Vor Überraschungen ist man dabei in keinem Moment sicher: Verwirrt und verblüfft wird der Hörer gleich vom kühnen Einstieg in das Konzert Nr. 1 in B-Dur, in dem Egarr ganz ungewohnte harmonische Effekte erzielt. Eine Perle ist das erste Allegro aus dem Konzert Nr. 4, wo unerhört frech und dabei schlüssig phrasiert wird und Egarr schließlich eine extravagante Überleitung zum Folgesatz findet. So werden die Orgelkonzerte zu quicklebendigen Stücken voller Esprit und Witz. Aber die Werkgruppe op. 7 zeigt den späten Händel auch von einer ungewohnt grüblerischen, schwermütigen Seite, die Egarr ebenso intensiv auszuleuchten vermag. Das Air Lentement aus dem Konzert Nr. 6 ist beispielsweise ein solcher Satz, der eine ungemeine Sogwirkung entfaltet, den Hörer sanft umgarnt und hinein zieht in eine gedankenverlorene Stimmung.
Egarr interpretiert die Konzerte auf dem Nachbau einer historischen Kammerorgel, deren heller Ton hervorragend zu diesem Ansatz passt und der sich zudem gut in den transparenten Orchesterklang der Academy of Ancient Music einfügt. Orchester und Continuogruppe sind dabei in den Konzerten op. 7 recht stark und farbenreich besetzt; sie wirken damit weniger kammermusiaklisch als die Schwesterwerke op. 4.
Die Orchestermusiker greifen Egarrs Grundidee konsequent auf und treten behende mit flirrender Leichtigkeit in den musikalischen Wettstreit mit dem Solisten ein.
Sven Kerkhoff
Trackliste
1-4 Konzert B-Dur op. 7 Nr. 1 15:33
5-8 Konzert A-Dur op. 7 Nr. 2 16:34
9-12 Konzert B-Dur op. 7 Nr. 3 15:47
14-17 Konzert d-moll op. 7 Nr. 4 14:55
CD II
1-4 Konzert g-moll op. 7 Nr. 5 12:21
5-7 Konzert B-Dur op. 7 Nr. 6 08:31
8 Chaconne F-Dur HWV 485 05:37
9 Fuge g-moll HWV 264 04:08
10 Chaconne G-Dur HWV 442 17:19
11-15 Konzert F-Dur HWV 295 "Der Kuckuck und die Nachtigall" 16:09
Besetzung
Richard Egarr: Leitung & Orgel
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |