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Kantaten für Schloß Gottdorf
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 08.12.2003 Thorofon / Klassik Center Kassel (CD DDD (AD 2003) / Best. Nr. CTH 2467) Gesamtspielzeit: 58:42 Internet: Thorofon |
AUS GOTTDORFS ARCHIVEN GEHOBEN: KRIEGERS KANTATEN
Der Titel der CD ist ein wenig irreführend: Johann Philipp Kriger (1649-1725) hat diese Kantaten und Sonaten nämlich keineswegs "für" Schloß Gottdorf geschrieben. Wie sie in die Sammlung des dort residierenden Herzogs gelangt sind, ist vielmehr ungeklärt, wirkte er doch vor allem in Bayreuth und Weißenfels. Die hier eingespielten Stücke stammen aus der Zeit zwischen 1670 und 1687, sind also eher frühe Werke. Dennoch zeigt sich an ihnen, dass Krieger seine Handwerkszeug u.a. bei Johann Rosenmüller und auf seinen Reisen nach Italien bei Cavalli, Legrenzi u.a. gründlich gelernt hat. Vor allem aber ist spürbar, dass Krieger in den ersten Jahren seiner musikalischen Ausbildung norddeutschen bzw. nordeuropäischen Einflüssen ausgesetzt war, lernte er doch 5 Jahre in Kopenhagen. So erinnert manche Struktur an Buxtehudes Stil. Dieser Grundcharakter der Musik mischt sich in reizvoller Weise mit italienischen Einflüssen, v.a. hörbar an lang ausschwingenden melodischen Bögen und mancher virtuoser Passage, sowie mit französischen Tanzmustern. Die Einführung dieser Elemente in das deutsche Musikleben macht Krieger zu einem der historisch gesehen einflußreichsten Komponisten unmittelbar vor der Zeit J.S.Bachs.
Insofern exemplarisch ist gleich die erste freudvoll-tänzerische Sopran-Kantate "Surgite cum gaudio", ihr ähnlich die Kantate für Sopran und Bass "Ihr Christen freuet euch". Hier, wie auch im folgenden, läßt Krieger eine erstaunliche Fähigkeit zur geschickten Schaffung von Atmosphäre und Kontrasten erkennen. Anmutsvoll durchdrungen erscheint so etwa die Kantate für Alt "O Jesu, du mein Leben". Das abschließende "Quis me territat" für Sopran, Alt und Baß darf als Höhepunkt der Einspielung gelten, denn neben einer kunstvollen Instrumentalbegleitung werden auch die Singstimmen in den Ecksätzen gekonnt gegeneinander geführt und miteinander verwoben, während in den Mittelsätzen jeder Solist einen eigenständigen Part zugewiesen bekommt.
Die eingeschobenen Sonaten wirken demgegenüber eher konventionell.
Das Ensemble Hamburger Ratsmusik hat sich dieser Werke gewohnt kundig und unter der Leitung von Simone Eckert auch kraftvoll-engagiert angenommen. Dass Simone Eckert sich ausgerechnet auf die hier zu findende Stückauswahl konzentriert hat, liegt daran, dass es bei fast allen von ihnen für das Instrument der Leiterin, die Viola da gamba, besonders viel zu tun gibt. Dadurch erhalten die Stücke auch einen warmen, lieblichen Grundton.
Bei den Sängern gebührt der Sopranistin Heidrun Luchterhandtbesonderes Lob für ihre leuchtende, virtuos geführte Stimme. Kai Wessel, Altus, prsäentiert im Mittelband und in der tiefen Lage ein volles, sicheres Organ, wirkt aber in den Höhe doch recht spröde und trocken, was dem durchaus emotionalen Gehalt der Musik nicht unbedingt gerecht wird. Christfried Biebrach macht mit seiner sonoren Baßstimme hingegen durchweg eine gute Figur.
Die Musik ist aufnahmetechnisch ideal eingefangen, präsent und transparent gleichermaßen.
Sven Kerkhoff
Trackliste
6-9 Sonata ondecima à doi D-Dur
10-13 Absorta est mors
14-18 Sonata nona à doi g-moll
19-22 O Jesu, du mein Leben
23-26 Ihr Christen freuet euch
27-32 Quis me territat
Besetzung
Kai Wessel, Altus
Christfried Biebrach, Bass
Hamburger Ratsmusik
Ltg. Simone Eckert
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |