Reviews
Someday this could all be yours (Part 1)
Info
Musikrichtung:
Alternative/Avant Rock
VÖ: 24.04.2009 (Southern Records/Soulfood) Gesamtspielzeit: 46:39 Internet: http://www.thepaperchaseband.com http://www.myspace.com/THEPAPERCHASEMUSICSPACE |
Da haben sich The Paper Chase auf ihrem neuesten Streich Someday this could all be yours (Part 1) eines tollen Themas angenommen. Ein ganzes Album über Naturkatastrophen. Und wie es der Titel bereits vermuten lässt, ist das erst Teil eins eines Konzeptwerks. Teil zwei soll Anfang 2010 folgen. Bis dahin kann man sich eingehend mit dieser CD beschäftigen. Und das ist auch nötig, denn diese zehn Titel starke Liedersammlung, die mit zunehmender Spielzeit immer garstiger wird, ist sehr fordernd und tief schürfend geworden. Beim ersten Hördurchgang fühlt man sich erst einmal geplättet und vor den Kopf gestoßen, von dem was The Paper Chase hier fabrizieren. Denn passend zur Linie, welche die einzelnen Songs verbindet, klingen die Klanglandschaften der Band stellenweise regelrecht apokalyptisch und verstörend, lassen einen atemlos zurück und man muss erst einmal erfassen, was gerade passiert ist. Ganz als hätte einen überraschend eine der besungenen Katastrophen heimgesucht.
Schon der Eröffnungstitel „If nobody moves, nobody will get hurt“ stürmt regelrecht auf den Hörer ein. Wildes Getöse trifft auf zart-bittere und doch süßliche Melodien, Piano und Streicher buhlen mit allem Nachdruck um die Aufmerksamkeit des Hörers, während Gitarre und Bass eher unscheinbar darunter ihr ganz eigenes Spiel treiben. Das Schlagzeug treibt das Ganze extrem nach vorne und Sänger und Bandleader John Congleton hebt diese Kakophonie mit seinen Melodien auf eine ganz andere Stufe. Die Musik von The Paper Chase im Jahre 2009 zu definieren ist gar nicht so einfach. Alternative im weitesten Sinne trifft es vielleicht, viel eher noch Avant Rock. Hier verbindet sich der progressive Ansatz früher King Crimson mit der Melodieseligkeit und dem Experimentierdrang der zweiten Karrierehälfte der Beatles, sowie der Aufbruchstimmung des Alternative- und Indierocks der späten 80er/frühen 90er. Wenn es schon aktuelle Reminiszenzen sein dürfen, dann am ehesten noch Arcade Fire oder Trail of Dead in ihren größenwahnsinnigen Momenten.
Streicher spielen bei The Paper Chase neuerdings eine große Rolle und bringen nicht selten eine kammermusikalische Note ins Spiel, wie beim Ende des genannten Openers. Nicht selten schneiden disharmonische und proggige Gitarrenklänge in diese im Ansatz recht wohl klingenden Töne („I’m going to heaven, with or without you“, „This is only a test“). Aber gitarrengetrieben ist die Musik keineswegs. Meistens gibt das Klavier die Linie und den Rhythmus der Songs vor. Mal aufgeregt („This is a rape“), mal harmonisch („The laying of hands, the speaking of tongues“), oder in eine teuflisch anmutende Polka („The common cold“) lenkend. The Paper Chase scheinen Wert darauf zu legen latent schräg zu klingen. Ein kluger Schachzug an sich, denn so kommen die in dem ganzen Getöse eingebetteten Melodien noch mehr zum Tragen, die an allen Ecken und Enden zu finden sind.
Zusammen gehalten werden die einzelnen Lieder nur vom lyrischen Thema. Eine musikalische Verbindung gibt es nicht wirklich, und es könnte jeder Song für sicht selbst stehen. Auch wenn das Album erst als Ganzes seine volle und eindringliche Wirkung entfaltet. Einen großen Anteil daran haben auch die Texte von John Congleton, der das Drama der Ereignisse, das Leiden und Stehen am Abgrund sehr gut verarbeitet und hervorhebt, dass der Mensch sich in Stunden seiner Not auch gerne an Spiritualität und Religion klammert. Solche Anspielungen finden sich immer wieder. Seien es die verschiedenen Sprachsamples, das Einbinden von „He’s got the whole world in his hands“ bei „The small of your back, the nape of your neck“, oder Textzeilen wie „no one’s gonna save you, your money or your life“.
Someday this could all be your (Part 1) ist ein durch und durch stimmiges Gesamtpaket und ein ziemlich außergewöhnliches Album - außergewöhnlich gut vor allem. Aber kein Easy Listening. Eher Uneasy Listening. Aber was für eines!
Mario Karl
Trackliste
1 | If nobody moves, nobody will get hurt (The extinction) | 5:53 |
2 | I’m going to heaven, with or without you (The forest fire) | 4:48 |
3 | The common cold (The epidemic) | 3:34 |
4 | The laying of hands, the speaking in tongues (The mass hysteria) | 2:52 |
5 | Your money or your life (The comet) | 4:31 |
6 | What should we do with your body (The lightning) | 6:07 |
7 | This is a rape (The flood) | 3:52 |
8 | The small of your back, the nape of your neck (The blizzard) | 3:42 |
9 | This is only a test (The tornado) | 7:01 |
10 | We have ways to make you talk (The human condition) | 4:15 |
Besetzung
Sean Kirkpatrick (Synthesizer, Piano)
Bobby Weaver (Bass)
Jason Garner (Drums)
Gäste:
Kris Youmans (Cello)
Becki Phares (Violin)
Elliat Figg (Piano)
Danna Berger (Viola)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |