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Sinfonien Nr. 25, 26 & 29
Info
Musikrichtung:
Wiener Klassik
VÖ: 20.02.2009 (Virgin Classics / EMI / CD / DDD / 2008 / Best. Nr. 5099923486829) Gesamtspielzeit: 49:56 Internet: Le Cercle de l´Harmonie |
MOZART ALS JUNGER WILDER
Drei Sinfonien aus dem Jahre 1773 fasst diese CD zusammen. Sie enstanden kurz nachdem Mozart von seiner großen Italien-Reise zurückgekehrt war und eine feste Anstellung im Dienst des Salzburger Erzbischofs angetreten hatte. Dennoch zeugen sie weniger von italienischen Einflüssen. Vielmehr nimmt Mozart in ihnen vor allem Ideen aus dem Umfeld der Mannheimer Schule auf, reichert sie dank melodischer Erfindungsgabe an und gibt den Werk eine gute Portion kühner Einfälle bei. Insgesamt schwimmt er sich mit diesen Sinfonien endgültig von allen Vorbildern frei und entwickelt seine eigene, facetten- und kontrastreiche Musiksprache: energiegeladen, humorvoll, hintersinnig. Und - oftmals erstaunlich abgründig.
Gerade diesen Aspekt arbeitet Le Cercle de l´Harmonie besonders sorgfältig heraus. Dieser Mozart ist nicht anmutig und unbeschwert. Vielmehr setzen die Musiker, bei Einsatz eines biegsamen, schlanken und trockenen Klangs, die Sinfonien unter beträchtliche Spannung. Das geht bisweilen an die Grenze zur Überspanntheit, überschreitet diese Grenze aber nie. Vielmehr erscheinen die schnellen Ecksätze fiebrig-erhitzt von den Ideen des Sturm und Drang, aber auch jugendlich überschwenglich. Nicht unangemessen, wenn man bedenkt, dass Mozart sie im Alter von 17 Jahren schrieb und ihm das Korsett des Salzburger Musiklebens schon zu eng schien.
Doch die Einspielung lebt nicht nur von diesem Elan, sondern auch von dem Gespür des Dirigenten Jérémie Rhorer für den Hintersinn der Musik und von seinem Mut, sich interpretatorische Freiheiten herauszunehmen. Dadurch gefällt besonders die Sinfonie Nr. 29. Sie ist durch ihre Skalenläufe und Wiederholungen stets der Gefahr ausgesetzt, ins Platitüden- und Spasshafte abzudriften. Rhorer begegnet dem durch geringfügige Akzentverschiebungen in den kurzen Wiederholungen der Themen und durch den ausgegklügelten Einsatz dynamischer Effekte. Das mag so nicht in der Partitur stehen, wirkt aber erfrischend und stets überzeugend.
Die sog. "kleine g-moll-Sinfonie" gerät zu einer dramatischen Schussfahrt am Rande des Abgrunds, voll von düsteren Ahnungen und erschreckenden Momenten. Die weniger bekannte Sinfonie Nr. 26 kommt überraschend kontraststark und ungeahnt avantgardistisch daher.
Sven Kerkhoff
Trackliste
1 Allegro con brio 07:13
2 Andante 06:24
3 Menuetto & Trio 02:46
4 Allegro 04:48
Sinfonie Nr. 26 Es-Dur KV 184
5 Molto presto 02:23
6 Andante 03:41
7 Allegro 02:08
Sinfonie Nr. 29 A-Dur KV 201
8 Allegro moderato 07:00
9 Andante 05:59
10 Menuetto 03:09
11 Allegro con spirito 04:25
Besetzung
Jérémie Rhorer: Leitung
Julien Chauvin: Konzertmeister
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |