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Zaide
Info
Musikrichtung:
Wiener Klassik / Oper
VÖ: 20.10.2008 (cpo / jpc / 2 CDs DDD / 2008 / Best. Nr. 777 281-2) Gesamtspielzeit: 94:06 Internet: jpc Martin Haselböck |
VERPASSTE GELEGENHEIT
Für den einen war es ein Steinbruch, für die anderen ist es eine Fundgrube: Mozarts wohl 1779 ohne konkreten Auftrag komponiertes Singspiel Zaide kam zu Lebzeiten des Meisters nicht über den Status des Fragments hinaus. Mozart selber schlachtete es später musikalisch aus, um die ein oder andere Idee in die von der Geschichte her ähnlich angelegte Oper "Die Entführung aus dem Serail" einfließen zu lassen, und nutzte anderes noch für den "Titus" und die "Zauberflöte". Die Mozart-Fans von heute haben nur höchst selten Gelegenheit, den Werktorso auf der Bühne zu sehen, weshalb manch einer überrascht sein mag, welch musikalische Perlen sich darin finden. Zu einiger Popularität hat es nur die Arie der Zaide "Ruhe sanft, mein holdes Leben" gebracht, doch auch die Ensembleszenen sind von höchster Güte und einige weitere Arien stehen denen aus der "Entführung" in nichts nach.
Die von Martin Haselböck gewählte Version der Oper vervollständigt das Fragment durch den Rückgriff auf das Quartett KV 479, welches Brian Michaels zu diesem Zweck mit einem neuen Text versehen hat. Es macht den plötzlichen Sinneswandel des Sultans Soliman, der die von ihm geliebte Sklavin Zaide freigibt und mit seinem europäischen Gefangenen Gomatz in die Fremde ziehen lässt, zwar nicht plausibler, rundet die Geschichte aber zumindest einigermaßen befriedigend ab. Dabei fügt es sich hinsichtlich des Sprachduktus sogar etwas besser ein als im Hinblick auf den musikalischen Tonfall.
Indes: Dieser Schachzug hilft der Aufnahme nur wenig, denn sie krankt an nahezu durchweg unbefriedigenden sängerischen Leistungen. In der Titelpartie kämpft Isabel Monar sowohl in den Arien wie auch in den Dialogen so unüberhörbar mit der deutschen Sprache, dass es schon fast komisch wirkt. Auch verengt sich ihr Sopran in der Höhe immer wieder unangenehm. Markus Brutscher versucht, den Sultan Soliman als eher zynischen denn gewalttätigen Herrscher anzulegen, produziert damit aber nur die weichgespülte Karikatur eines Despoten, statt einen Menschen aus Fleisch und Blut vorzustellen. Kurz, man nimmt ihm die Figur nicht eine Note und nicht einen Satz lang ab. Und in der Rolle des weitsichtigen Dieners Allazim wartet Christain Hilz mit einem Höchstmaß an Farblosigkeit auf. Dessen Arie "Nur mutig, mein Herze, versuche dein Glück!" dürfte wohl kaum jemals mutloser vorgetragen worden sein.
Diese Probleme erfassen nicht nur die Arien, sondern ziehen sich auch durch die im Singspiel so wichtigen Dialoge. Hier vermag einzig Markus Schäfer als Gomatz zu punkten, der auch als einziger seine Arien ohne technische Schwierigkeiten, wenngleich nicht eben ausdrucksstark absoviert.
Dass die Wiener Akademie einen lebendigen, punktgenauen Mozart spielt, kann die Aufnahme vor diesem Hintergrund nicht mehr retten. Wer eine vernünftige Einspielung auf der Höhe unserer Zeit sucht, wird deshalb - trotz gewisser Mankos - weiterhin nicht um die Produktion mit Paul Goodwin und der Academy of Ancient Music (harmonia mundi, 1998) herumkommen und darf die aktuelle Einspielung getrost unbeachtet lassen.
Sven Kerkhoff
Besetzung
Markus Schäfer: Tenor (Gomatz)
Markus Brutscher: Tenor (Soliman)
Christian Hilz: Bariton (Allazim)
Orchester Wiener Akademie
Martin Haselböck: Ltg.
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |