Reviews
Die Zauberflöte (DVD)
Info
Musikrichtung:
Oper
VÖ: 18.09.2003 (BBC Opus Arte / Naxos) Best.nr. OA 0885 D Gesamtspielzeit: 180:00 Internet: BBC Opus Arte |
NICHT DER GANZ GROSSE WURF - "DIE ZAUBERFLÖTE" AUS COVENT GARDEN
SCHÖNE BILDER, ABER MATTE IDEEN
Das Problem dieses Mitschnitts einer Aufführung der wohl bekanntesten aller Mozart-Opern vom 27. Januar 2003 aus dem Londoner Opernhaus Covent Garden, wird gleich bei der Ouvertüre offenbar: Mit neuen Ansätzen hat man sich gar nicht erst abgegeben - weder in Bezug auf die musikalische, noch auf die sachliche Deutung. Ein so pomadiges, biederes Dirigat, wie das, was der eigentlich bewährte Mozart-Spezialisten Sir Colin Davis hier bietet, habe ich zuletzt bei einer Aufführung des Stücks im Stadttheater Gütersloh Mitte der 80er Jahre erlebt. Alles wird mit breitem Strich gespielt, Unterschiede in Bezug auf Tempo und Dynamik werden nivelliert, der Musik jedes geheimnisvolle Element genommen.
Hinzu treten verwackelte Orchestereinsätze und Intonationsschwächen des Chores, die bis zum Schlußbild anhalten; wobei angemerkt sei, dass Davis die Chöre eher wagnerisch, denn mozartisch klingen läßt. Im weiteren Verlauf der Oper begnügt sich das Orchester tatsächlich mit einer reinen Begleitfunktion ohne jedes Bemühen, Akzente zu setzen.
Wenig neues auch vom Star-Regisseur David McVicar. Dieser hat zwar teilweise eindrucksvolle und poetische Einzelbilder geschaffen (schön etwa die Darstellung der Feuer- und Wasserprobe, sowie die Auftritte der 3 Knaben), sich jedoch in der Interpretation der Charaktere und des Handlungsverlaufs kaum originelles einfallen lassen. Die Königin der Nacht erscheint von Anfang an als das Erzböse, Sarastro als aufgeklärter, gefühlsarmer Despot einer neuen Zeit, interessiert an Philosophie und Astronomie. Sarastros Gefolge unter Führung von Monostatos sind (political correctness läßt grüßen) keine Mohren, sondern dekadente, blutsaugende adelige Hofschranzen, Überreste des im Niedergang begriffenen Absolutismus. Seine Priester erheben den Geist der Aufklärung zum Mittelpunkt einer Ersatzreligion.
Eine krasse Fehldeutung wird der Person des Papageno zuteil: Diesen präsentiert uns McVicar als trotteligen Landstreicher mit lustigem Entenhut auf dem Kopf, der dementsprechend auch eher schlicht, als schön zu singen hat. Papageno aber ist in Mozarts Zauberflöte der einzig echte Mensch und auch noch der mit Köpfchen, der dem Weisheits-Clan um Sarastro eigentlich haushoch überlegen ist.
KAUM CHANCEN FÜR DIE GUTEN SÄNGER
Bei Davis´ schwächelnder Stabführung ist es selbst für eine exzellente Sängerriege schwer, Qualität zu bieten. Um so erstaunlicher, dass sich der Großteil des Ensembles dennoch wacker schlägt. Allen voran dabei Dorothea Röschmann in der Rolle der Pamina. Sie beweist hier nicht nur große Sangeskunst, sondern auch schauspielerisches Talent. Ihren Geliebten Tamino verkörpert Will Hartmann nicht unbedingt ebenbürtig. Er wirkt in der Rolle arg angestrengt und stellenweise überfordert. Diana Damrau ist für die Königin der Nacht, wie McVicar sie versteht, eigentlich nicht böse genug, ihr Gesang zu schön, zu ebenmäßig. Die Koloraturen allerdings gelingen ihr makellos.
Der erfahrene Franz-Josef Selig gibt einen konventionellen, aber stimmlich überzeugenden Sarastro. Das Mitleid des Zuschauers zieht schließlich Simon Keenlyside als Papageno auf sich: Seinen klangschönen Bariton darf er nicht richtig aussingen, muß sich dafür aber mit allerlei Albernheiten herumschlagen, die selbst dem Spaßvogel Mozart zu platt gewesen wären (das will etwas heißen!).
In den Dialogen stören manchenteils Probleme der britischen Akteure mit der deutschen Sprache.
Erwähnt sei schließlich, dass der Gesang der 3 Knaben (zugegebenermaßen hundsgemein schwere Partien) einem die Schuhe auszieht, weil sie teils neben dem Ton liegen, teils die Einsätze verpassen.
Sven Kerkhoff
Besetzung
Dorothea Röschmann (Pamina)
Diana Damrau (Königin der Nacht)
Franz-Josef Selig (Sarastro)
Simon Keenlyside (Papageno)
Ailish Tynan (Papagena)
Adrian Thompson (Monostatos)
The Royal Opera Chorus
The Orchestra of the Royal Opera House
Ltg. Sir Colin Davis
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