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Lotti, Antonio (Missa Sapientiae)

Missa Sapientiae / Magnificat

Info Musikrichtung: Geistliche Musik VÖ: 20.10.2003 (Deutsche Harmonia Mundi (DHM) / BMG CLASSICS) CD (AD 2000) / Best. Nr. 05472 77534 2 Gesamtspielzeit: 61:40 Internet: Thomas Hengelbrock

LOTTIS "MISSA SAPIENTIAE"

Wer heute Lotti hört, denkt meist an Helmut, nicht an Antonio Lotti (1667-1740). Dass ersterer ein Langweiler ist, bedarf kaum der Erwähnung, dass der zweitgenannte hingegen unter seinen Zeitgenossen einer der meistgeschätzten Komonisten war, ist noch vielfach unbekannt. Zelenka, Händel und auch Johann Sebastian Bach bewunderten die Satzkunst des Kollegen aus Venedig. Er schrieb zwar im sogenannten modernen Stil, beherrschte aber die ganze Bandbreite der damals noch gebräuchlichen und bekannten Satztechniken. Der Dirigent Thomas Hengelbrock hat ein breites Publikum damit schon durch seine 1999 bei DHM erschienene, zu recht gefeierte Aufnahme von Lottis Requiem (DHM 05472 77507 2) vertraut gemacht. Nun legt er mit der Missa Sapientiae nach.
Diese Meßvertonung, die nur aus Kyrie und Gloria besteht, hat schon zu Lottis Zeit viele Bewunderer gefunden, was an der Zahl der Kopien ablesbar ist, die sich in verschiedenen (Musiker-)Bibliotheken befanden. Händel etwa hat sich des musikalischen Materials bei einigen seiner Oratorienkompositionen ohne zu zögern und recht schamlos bedient.
Dabei ist die Musik nicht so sehr auf vordegründigen Effekt oder Prachtentfaltung angelegt. Vielmehr zeigt sich eine vielschichtige, aber dennoch transparente Polyphonie. Einzelen Chorpassagen sind sogar sechsstimmig ausgeführt, andere Stellen weisen, trotz reicher Instrumentierung, eher intimen Charakter auf. Manches erinnert entfernt an Bachs h-moll-Messe.
Hengelbrock und seine bewährten Mitwirkenden, Balthasar-Neumann-Chor und -Ensemble, zeigen sich den hohen Anforderunegn des Werkes mühelos gewachsen. Auch die aus dem Chor hervortretenden Solisten, allesamt Sängerinnen und Sänger mit umfangreicher Erfahrung auf dem Gebiet der Alten Musik, bewegen sich durchgängig auf höchstem Niveau. Zudem ist die Aufnahme technisch perfekt, ausgewogen, klar und weiträumig im Klangbild. So ist mit dieser Missa nicht nur eine Perle wiederentdeckt, sondern auch auf Hochglanz poliert worden.

BACHS MAGNIFICAT IN DER "WEIHNACHTSVERSION"

Über Johann Sebastian Bachs Magnificat in Es-Dur, BWV 243a, müssen an sich nicht viele Worte verloren werden, gehört es doch zu seinen populärsten und auch festlichsten Werken. So gibt es auch bereits eine ganze Reihe guter Einspielungen, doch rechtzeitig zum Fest kommt nun diese hinzu, die das Stück mit vier vom Komponisten nachträglich eingefügten, weihnachtlichen Einlagesätzen präsentiert. Es entsprach der Tradition in Leipzig, den Lobgesang zu Ehren Mariens an Weihnachten in dieser Weise zu ergänzen. Für alle, die die gebräuchlichere D-Dur-Fassung des Magnificat (ohne jene Ergänzungen) im Ohr haben, wirken diese Einsprengsel zunächst wie Brüche. Wer sich aber von liebgewordenen Hörgewohnheiten trennen kann, findet hier eine zwar weniger stringente, dafür aber noch schwungvoller klingende Version des Werkes. Insbesondere wirken die Trompeten eindrucksvoller und glänzender. Die weihnachtlichen Sätze (Vom Himmel hoch, Freut euch und jubiliert, Gloria in excelsis, Virga Jesse floruit) bilden trotz ihres Festcharakters eine Art Gegenpol zum vorwärtsdrängenden Magnificat, gleichen "Inseln der Betrachtung".
Wiederum gelingt Hengelbrock und seinem Ensemble eine kongeniale, schlüssige Interpretation mit viel Swing und Drive. So voller tänzerisch wirkender Lebensfreude und zugleich technischer Perfektion hat man Bach selten gehört. Ein besonderes Lob gebührt dem Chor: homogen, kraftvoll und mit viel Liebe zum Detail wird hier gesungen - besser kann man es nicht machen!

EIN IDEALES WEIHNACHTSPRÄSENT

Mag die CD auch keine echte Weihnachtsplatte im engeren Sinne sein, so gibt es durch die Magnificat-Fassung doch einen deutlichen Bezug zum Fest und damit einen guten Grund, diese gelungene Aufnahme Freunden, Verwandten und nicht zuletzt sich selbst zum Geschenk zu machen!

Sven Kerkhoff