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Streichquartett D.703 / Streichquintett D.956
Info
Musikrichtung:
Romantik Kammermusik
VÖ: 25.04.2008 Virgin Classics / EMI CD (AD 2007) / Best. Nr. 50211326 Gesamtspielzeit: 62;: |
HIMMELSFLUG UND NACHTMAHR
Auch nach der Neubesetzung zweier Pulte sind Klang und Interpretation des Artemis-Quartetts immer noch unverkennbar: im Ansatz drahtig und kantig, dabei farbenreich und dynamisch weit gestaffelt, ohne sich ins penetrante Notensägen oder Saitengeflüster zu versteigen. Nach wie vor begeistern die intelligente Interpretation und eine sponatane, ja intuitiv anmutende spielerische Umsetzung. Die Anregungen durch die historische Aufführungspraxis sind nicht nur bei der Tongebung mit einem ausdrucksvoll variiertem Vibrato unüberhörbar.
Franz Schuberts aufwühlender C-Moll-Quartettsatz aus dem fragmentarischen Streichquartett D.703 wirkt in der Interpretation durch das Artemis-Quartett ungemein zwingend. Die hochgespannte, plastisch formulierte Motorik des eröffnenden „Tremolo-Mottos“ wirkt auf das Ohr des Hörers wie eine elektrische Entladung. Scharf kontrastiert dagegen die gelassen schwingende Melodik des „2. Themas“, ohne dass die organische Einheit des Stücks auch nur für einen Moment aufgegeben würde. In der formal wie emotional sinnreichen Gestaltung solcher Gegensätze liegt eine Stärke der Artemis-Mitglieder. Da bedauert man, dass der 2. Satz dieses Quartett-Torsos mit 41 Takten unvollendet geblieben ist. Dennoch nehmen die Ausführenden sich dieses Anhangs mit der gleichen Konzentration an.
Im anschließenden Hauptwerk, Schuberts fünfzigminütigem C-Dur-Quintett D. 956, kann das Artemis-Quartett seine Fähigkeiten an einem einzigartig komplexen, in seinen steten Stimmungs- und Ausdruckswechseln auch den Hörer ungemein fordernden Stück erproben. Jeder Satz ist ein musikalisches Universum für sich, das Ganze ein berühmt-berüchtigtes Gipfelwerk der Kammermusik. Satztechnisch wie klanglich erreicht das Werk geradezu sinfonische Dimension. Schubert hält die Musik in typisch romantischer Manier in der Schwebe. Dur oder Moll? Traurig oder gelöst? Heiter oder katastrophisch? Licht oder Dunkel? Der Effekt mutet ausgesprochen modern an. Eine janusgesichtige Musik wie diese verträgt keine interpretatorischen Glättungen. Wohl aber erfordert sie höchste Konzentration und Spannung bei Ausführenden und Zuhörern. Das Artemis-Quartett bietet zusammen mit dem sich nahtlos einfügenden Truls Mørk am zweiten Cello eine rundum überzeugende Lesart für die Himmelsflüge und die Nachtmahre von Schuberts spätem Meisterwerk. Nach solchen Wechselbädern benötigt man erst einmal eine Pause. Sehr resonanzreiches, präsentes Klangbild.
Georg Henkel
Trackliste
1 | 01-02 Streichquartett C-Moll D.703 |
2 | 03-06 Streichquintett C-Dur D.956 |
Besetzung
Freidemann Weigle – Viola
Eckart Runge – Cello
Truls Mørk – Cello (D.956)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |