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Elias
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MAINSTREAM-WOHLKLANG
Anders als der etwas zu frommen, um nicht zu sagen: frömmelnden Pathos neigende Paulus überzeugt Felix Mendelssohn Bartholdys nachfolgendes Oratorium Elias durch seine vielschichtige Bearbeitung der alttestamentlichen Prophetengeschichte. Musikalisch knüpft Mendelssohn bei Bach, Händel und Haydn an, monumentalisiert die Vorlagen jedoch durch eine Ausweitung der Chorpartien und Ensembles. Die harmonische und klangliche Farbe ist die der Romantik, der Bogen spannt sich von ganz verklärt anmutenden Abschnitten hin zu ausgesprochen dramatischen Passagen, die rau, wuchtig, ja düster klingen.
Seit seiner Uraufführung 1846 in England hat sich das Werk auch in Deutschland im Repertoire behaupten können, sieht man einmal von den dunklen Jahren zwischen 1933 und 1945 ab. Inzwischen liegt auch eine historisierende Fassung unter Philippe Herreweghe vor, die bei aller Neuartigkeit des Klangbildes wohl doch noch nicht der Weisheit letzter Schluss ist (hm 1993).
Soeben hat es Frieder Bernius unternommen, wie schon bei seiner Paulus-Interpratation, historisch informiertes und modernes Musizieren zu verbinden. Mit der auf „modernen“ Instrumenten spielenden Klassische Philharmonie Stuttgart und dem Kammerchor Stuttgart stehen ihm zwei exzellente Ensembles zur Verfügung. Obwohl man am Zugriff der Instrumentalisten die Vertrautheit mit alten Spielweisen durchaus heraushört, ist das Ergebnis dennoch nicht so viel anders als bei vergleichbar besetzten Orchestern. Der Klang ist organisch und leuchtend, aber auch relativ dicht und glatt. Es ist ein, wenn auch sehr schöner, Mainstream-Klang mit historisierenden Akzenten, wie ihn inzwischen die meisten Orchester (leider auch historisch orientierte!) pflegen.
Da erzielt der Chor, vor allem bei den Abschnitten mit Chorsolisten, weitaus feinnervigere, in punkto Klangreinheit und Klarheit wirklich ergreifende Wirkungen. Der Elias’ Michael Volles glänzt mit prächtigem Bass-Timbre, was dem Propheten ein bezwingendes vokales Charisma verleiht, ohne seinem komplexen Charakter ganz auf den Grund zu gehen. Werner Güra besticht mit seinem schlanken, markant geführten Tenor, während mir bei der strahlkräftigen Sopranistin Letizia Scherrer die Textverständlichkeit manchmal zu sehr auf der Strecke bleibt. Sehr klangschön ist schließlich auch die Altistin Renée Morloc.
Alles in allem nimmt die Einspielung durch ihren Wohlklang und die stimmigen Proportionen für sich ein, ohne dem Werk wirklich neue Facetten oder ungewohnte Ausdruckstiefe abzugewinnnen.
Georg Henkel
Besetzung
Renée Morloc, Alt
Werner Güra, Tenor
Michael Volles, Bass
Kammerchor Stuttgart
Klassische Philharmonie Stuttgart
Ltg. Frieder Bernius
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
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