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Concerts Royaux
Info
Musikrichtung:
Kammermusik
VÖ: 01.10.2003 (Accent / Note 1) CD DDD (AD 2003) / Best. Nr. ACC 23153 Gesamtspielzeit: 65:47 Internet: Accent |
AUS DEN KÖNIGLICHEN APPARTEMENTS
SONNENUNTERGANG
Streng und ein wenig resigniert schaut Ludwig XIV. auf dem Cover. Grund dazu hatte er: Der von ihm geschaffene mächtigste Staat Europa zeigte nach wenig erfolgreichen Kriegen und bedroht durch feindlich Allianzen erste Schwächen. Dabei standen ihm die schwersten Schläge - der Tod fast aller legitimen Thronerben innerhalb eines Jahres - noch bevor.
Auf dem berühmten Gemälde von Hyacinthe Rigaud von 1701 durfte der damals Dreiundsechszigjährige Monarch diskret altern. Die üppige Gaderobe sorgt - neben der bekannten Herrscherpose - für die angemessene imperiale Würde. Was man hier leider nicht sehen kann, sind die weißbestrumpften Beine seiner Majestät, die Rigaud dem Betrachter geradezu offensiv in jugendlich-schlanker Eleganz präsentiert. Zeitgenossen galten sie als die "schönsten Beine Frankreichs".
Als junger Mann war Ludwig ein begnadeter Tänzer gewesen. In den für ihn komponierten Hofballetten agierte er als erster Tänzer, stellte einen antiken Helden oder gar den Sonnengott Apoll selbst dar. Überhaupt war weltlichen Freuden und insbesondere dem schönen Geschlecht mehr als zugeneigt.
Im Alter hingegen verzichtet der König auf derlei Vergnügungen. Auch die Oper, die an die Stelle der Ballette getreten war, fand immer weniger sein Interesse. Ludwigs letzte offizielle Mätresse und - nach dem Tod der Königin - auch heimliche Ehefrau, Madame de Maintenon, förderte die Frömmigkeit des Königs. Seiner Umgebung mochte der Sinneswandel reichlich bigott erscheinen - zumal der König auch von seinem Hof ein entsprechendes Verhalten forderte. Den amourösen Verwicklungen der Oper, mit denen er sich in jungen Jahren hatte identifizieren können, zog der allerdings nach wie vor musiksüchtige Ludwig jetzt intimere und schicklichere Darbietungen vor.
ELEGANT-MELANCHOLISCHER ABGSANG
Für die Musik der könglichen Kammer war Francois Couperin (1668-1733) zuständig. Mit aparten, graziösen Kompositionen in angemessen aufmunternder Besetzung versuchte er, seinen schwermütigen Herrn von den anstrengenden Staatsgeschäften abzulenken. Dass er dabei die Subtilitäten des französischen gout mit italienischer Kompositionskunst bereicherte, scheint der Beliebtheit der Musik beim König keinen Abruch getan zu haben: Nahezu jeden Sonntag wünschte Ludwig einige Stücke dieser später als Concert Royaux bekannt gewordenen Werke zu hören.
Dabei ist auch Couperins Musik nicht frei von eleganter Melancholie. Hört man das Air tendre aus dem Second Concert, sieht man die Blätter im herbstlichen Garten von Versailles fallen. Gerade hier entspricht das nach innen gekehrte Flötenspiel von Barthold Kuijken vollkommen dem Geist der Musik. Sehr schön ist auch das dunkle Timbre seines Instruments.
Was die Feinheit und Zurückhaltung ihres Musizieren angeht, sind sich die Kuijkens und Robert Cohen auch sonst treu geblieben. Das muntere Fugato aus dem anschließenden Air Contre fugué kennt keine Ausgelassenheit, sondern bleibt eine edles Ornament. Die Stilisierungskünste Couperin tun freilich das ihrige dazu. Andererseits kann man die Saraband mit anschließendem Grave im Septième Concert kaum angemessener darbieten: Wenn Kuijken den Ton seiner Flöte mit leichter Bebung verhauchen läßt, mag man verstehen, weshalb der alternde, lebenssatte, aber vielleicht auch ein wenig lebensmüde Ludwig XIV. Couperins Kompositionen so sehr schätzte. Edler wurde das Vanitas-Motiv wohl kaum je in Töne gesetzt.
Dieser diskrete musikalische Einblick in das königliche Appartement verlangt vom Hörer einiges an Konzentration und vor allem Hingabe an die französische Barockmusik. Sicherlich kann die Platte auch als "barocke Klangmöblierung" im Hintergrund laufen lassen. Sie im Ganzen durchzuhören empfiehlt sich aber eigentlich nicht. Dafür ist diese Musik zu sublim, zu zerbrechlich. Man nehme sich das königliche Recht, ein Programm ganz nach Geschmack und Stimmung zusammenzustellen.
Georg Henkel
Trackliste
06-11 Premier Concert
12-19 Concerts Nouveaux
20-25 Septième Concert
Besetzung
Wieland Kuijken (Viola da Gamba)
Robert Kohnen (Cembalo)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |