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Heavenly Harmonies. Psalm Tunes & Motetten
Info
Musikrichtung:
Renaissance vokal
VÖ: 14.03.2008 (harmonia mundi SACD hybrid 2006 / Best. Nr. HMU 807463) Gesamtspielzeit: 78:51 Internet: Stile Antico |
FRAPPIEREND GEGENWÄRTIG
Das junge britische Ensemble Stile Antico sollte man sich unbedingt merken! In seiner inzwischen zweiten Aufnahme bei Harmonia Mundi widmet es sich englischen Psalmvertonungen von Thomas Tallis, die dieser auf den Psalter von Erzbischof Matthew Parker komponierte. Diese choralartigen, in Substanz und Ausdruck sehr verdichteten Stücke kombinieren die Interpreten mit kunstvoll polyphonen lateinischen Motetten und Messsätzen von William Byrd. Die ungekünstelte Inbrunst und der hymnische Schwung der Ausführung verleihen der Produktion über die sinnige programmatische Zusammenstellung hinaus eine besondere Überzeugungskraft.
Die Sänger/innen demonstrieren, dass die eher strenge protestantische Andachtsmusik und ihr barockes katholisches Pendant mehr verbindet als trennt. Denn die Rhetorik, mit der Tallis den biblischen Vorlagen zu treffendem Ausdruck verhilft, findet sich auch bei Byrd, und zwar in Form von Madrigalismen, die den gebundenen Satz von innen her aufbrechen. Das kann sehr ausdrucksvoll, geradezu bewegt und dramatisch klingen, wie das finale Laudibus in sanctis mit seinen Tonmalereien beweist. Oder auch ergreifend in seiner Innerlichkeit, man höre z. B. das monumentale Infelix ego. Tallis war dagegen von den Kirchenoberen gehalten, auf alles üppige Beiwerk zu verzichten und die geistliche Substanz der biblischen Gebete mit einfachen Mitteln zu vermitteln, was ihm schlagend gelingt. Trotz der Kürze wirken die Pslam Tunes reich und ausdrucksvoll, dabei aber so eingängig, dass man sie gleich mitsummen möchte. Beide Komponisten genügten mithin auf ihre Weise der Vorgabe, dass die heiligen Worte die Herzen bewegen sollen.
Stile Antico widmet sich beiden Komponisten ohne Scheuklappen und vermeidet jede übertriebene Ästhetisierung. Tallis und Byrd, die ihre Musik für geübte Laien schrieben, klingen bei ihnen frappierend gegenwärtig. Die Aufnahmetechnik vollbringt dabei kein geringes Wunder: Man meint jede Sängerin und jeden Sänger herauszuhören; dennoch ergibt sich ein natürlicher Ensembleklang. Das passt zu den frühneuzeitlichen, modern "indidviduellen" Zügen der Musik. Die etwas körnige Textur der unterschiedlichen Timbres sorgt dabei für das gewisse Etwas an Authentizität. Gut vorstellbar, dass die Musik zu ihrer Entstehungszeit genauso in Privathaushalten oder -kapellen geklungen hat.
Georg Henkel
Trackliste
William Byrd: Motetten aus Cantiones Sacrae I & II (1589/91)
Messgesänge für Pfingsten aus Gradualia (1607)
Besetzung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |